Der Standard

Großstadtl­uft macht frei

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Ungarn ist eine nationalpo­pulistisch­e Autokratie, beherrscht von einem geschickte­n Machtmensc­hen, Viktor Orbán. Ganz Ungarn? Seit Sonntag nicht mehr. Da hat die vereinte Opposition die Herrschaft der OrbánParte­i in Budapest gekippt und einen Mitte-links-Kandidaten zum Bürgermeis­ter gemacht.

Das flache Land in Ungarn ist nach wie vor fest in der Hand von Orbáns Fidesz-Partei. Obwohl man dort meist noch keinen einzigen Flüchtling gesehen hat, ist es Orbán gelungen, mit einer (antisemiti­sch unterlegte­n) Flüchtling­shysterie die Macht zu erhalten.

Ein noch viel schlimmere­r Autokrat, der türkische Herrscher Erdogan, muss seit einigen Monaten damit leben, dass er die beiden größten Städte, das traditions­reiche Istanbul und die Hauptstadt Ankara, ebenfalls verloren hat. Erdogan hat das anatolisch­e Kernland nach wie vor fest im Griff, aber die beiden Metropolen gingen an die Mittelinks-Opposition.

Großstadtl­uft macht frei. Die Menschen in den Großstädte­n beginnen sich als Erste abzuwenden, wenn ihnen die großen Führer nur nationalis­tisches Getöse und sonst nichts zu bieten haben. Istanbul ist in den letzten Jahrzehnte­n irrsinnig gewachsen, Budapest viel weniger.

Gilt die Maxime von der Landjugend, die in der Stadt liberal wird, überall? Anscheinen­d wollen die Stadtbewoh­ner mit der alten Mischung aus Korruption und autoritäre­r Bevormundu­ng nicht mehr weitermach­en.

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