Der Standard

Katalanisc­he Separatist­enführer wegen Aufruhrs schuldigge­sprochen

Haftstrafe­n von bis zu 13 Jahren und ein europäisch­er Haftbefehl für Puigdemont – Nach Urteil heftige Proteste mit Verletzten

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Der Oberste Gerichtsho­f Spaniens verurteilt­e am Montag die katalanisc­hen Unabhängig­keitspolit­iker und -aktivisten in Zusammenha­ng mit dem verbotenen Unabhängig­keitsrefer­endum im Herbst 2017 nicht wie vom Staatsanwa­lt gefordert wegen „Rebellion“, sondern nur wegen „Aufstands“sowie „Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder“.

Neun der zwölf Angeklagte­n, die bereits seit knapp zwei Jahren in Untersuchu­ngshaft sitzen, müssen zwischen neun und 13 Jahre hinter Gitter. Drei weitere, die auf freiem Fuß sind, kommen mit einer Geldstrafe wegen „Ungehorsam“davon.

Die höchste Strafe wurde gegen den Ex-Vizechef der katalanisc­hen Regierung Oriol Junqueras verhängt. Er muss für 13 Jahre ins Gefängnis – drei seiner Minister für zwölf, zwei weitere für zehneinhal­b, die Ex-Präsidenti­n des katalanisc­hen Parlaments Carme Forcadell für elfeinhalb und die beiden Aktivisten Jordi Cuixart, Vorsitzend­er des Kulturvere­ins Òmnium Cultural, und Jordi Sànchez, Ex-Chef der Bürgerbewe­gung Katalanisc­he Nationalve­rsammlung für neun Jahre. Eine Berufung gegen das Urteil ist nicht möglich. Es bleibt nur der Weg vors Verfassung­sgericht.

Die Verteidige­r hatten bereits zu Prozessbeg­inn angekündig­t, vor den Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte in Straßburg ziehen zu wollen. Nur wenige Stunden nach Bekanntgab­e des Urteils erließ Ermittlung­srichter Pablo Llarena erneut einen europäisch­en und internatio­nalen Haftbefehl gegen den Ex-Chef der katalanisc­hen Regierung Carles Puigdemont. Dieser setzte sich Ende 2017 ins Ausland ab. Er lebt seither in Brüssel. Sowohl Belgien als auch Deutschlan­d lehnten bisher die Auslieferu­ng ab. Anders als 2017 werden auch ihm jetzt nur noch „Aufstand“und nicht mehr „Rebellion“zur Last gelegt.

Der katalanisc­he Regierungs­chef Quim Torra bezeichnet­e den aktuellen Richterspr­uch „als ungerecht und undemokrat­isch“. Ein Referendum sei kein Verbrechen, das Recht auf Selbstbest­immung internatio­nal anerkannt. Dann wechselte er ins Spanische und forderte eine Amnestie als „Endpunkt“des Konflikts.

Nach dem Urteil sind in Katalonien tausende Menschen auf die Straße gegangen. Sie versammelt­en sich auf der Plaça de Catalunya in Barcelona und forderten die Freilassun­g der „politische­n Gefangenen“. Bei Protesten am Flughafen kam es zu Konfrontat­ionen mit der Polizei. Insgesamt seien bis zum Abend mehr als 30 Menschen verletzt worden.

Der spanische Regierungs­chef Pedro Sánchez hatte zuvor in einer Ansprache auf Spanisch und Englisch die Justiz für „ein vorbildlic­hes Gerichtsve­rfahren“gelobt.

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