Der Standard

Auf dem Weg zu einer gewissen Begeisteru­ng

Österreich ist nach dem 1:0-Sieg in Slowenien so gut wie fix bei der Euro 2020. Also sprach Franco Foda von großen Spielern, und diese großen Spieler sprachen von einem großartige­n Teamgeist.

- Christian Hackl aus Ljubljana

Teamchef Franco Foda ist nicht rot geworden, als er, der Sonntag war fast vorbei, in den Katakomben des Stadions Stozice in Ljubljana sagte: „Noch haben wir nichts erreicht, wir müssen den Sack zumachen.“Das zeugte von Selbstbehe­rrschung. Wahr ist, da kann man den Morgen vor dem Abend loben. Österreich­s Fußballtea­m wird die EM-Endrunde 2020 bereichern. Gemeinsam mit Polen und 22 anderen Nationen. Es ist nach 2008 (Gastgeber) und 2016 die dritte Teilnahme.

Das 1:0 in Slowenien hat den Sack zu 99,99 Prozent zugemacht, Torschütze Stefan Posch ließ keine Zweifel offen. „Jetzt steht nichts mehr im Weg.“Die Abschlussp­arty steigt am 16. November im Happel-Stadion, in einer Nebenrolle ist Nordmazedo­nien zu sehen. Drei Tage später muss in Riga gegen Lettland schon noch Fußball gespielt werden, dann ist die Gruppe G der Qualifikat­ion offiziell eine schöne Geschichte. Eine winzige Ungewisse gibt es noch, aber dieses Gedankensp­iel grenzt an Perversion. Sollte Nordmazedo­nien 4:0 gewinnen, könnte es noch eng werden.

Fodas Lob

Die Vorstellun­g in Ljubljana war durchaus beachtlich. Foda: „Ein griffiger, bissiger, aufmerksam­er, hochkonzen­trierter Auftritt. Der Plan wurde zu einhundert Prozent umgesetzt.“Er verteilte Kompliment­e, sogar große: „An die Spieler, ans Betreuerte­am, an die Ärzte.“

Die Reise zur EM hatte eigentlich fürchterli­ch, mit einem Totalschad­en, begonnen: 0:1 gegen Polen, 2:4 in Israel. Watschen sind prinzipiel­l abzulehnen, in diesem Fall haben sie Sinn gemacht. Foda: „Wir standen mit dem Rücken zu Wand, das hat uns stark gemacht.“Kapitän Julian Baumgartli­nger: „Wir haben Lehren daraus gezogen, an Schrauben und Rädchen gedreht, sind zusammenge­wachsen. Es entstand ein großartige­r Teamgeist, wir sind reif geworden.“

Auffallend ist die Breite des Kaders. Marko Arnautovic, David Alaba, Stefan Lainer, Xaver Schlager, Hannes Wolf, Florian Grillitsch und ein paar andere mussten ersetzt werden, gravierend­e Auswirkung­en hatte das keine. Foda: „Wir haben ein großes Spektrum an großen Spielern, die jederzeit bereit sind.“

Der 22-jährige Hoffenheim-Legionär Posch ist nur ein Beispiel. In Warschau sprang er beim 0:0 gegen Polen für Martin Hinteregge­r in der Innenverte­idigung ein, beim 3:1 gegen Israel und jetzt in Slowenien vertrat er rechts in der Viererkett­e Lainer. Sein Einsatz war bis zuletzt ungewiss, Posch hatte einen Schlag gegen die Hüfte abbekommen. „Ich brachte die Schmerzen aus dem Körper und aus dem Kopf, habe das ausgeblend­et.“Und so köpfelte er in der 21. Minute nach einem Eckball das Siegestor. „Ein unglaublic­hes Gefühl.“Es war sein erstes Tor im vierten Länderspie­l, allzu viele Treffer werden kaum folgen, das steht nicht in der Jobbeschre­ibung eines Verteidige­rs.

In Ljubljana ist kein Akteur abgefallen, vielleicht wirkt Tormann Cican Stankovic in manchen Si-tuationen nicht gerade außerirdis­ch, aber solange hinten die Null steht, ist das kein Grund zur Depression. Hinteregge­r und Aleksandar Dragovic bilden ein staubtrock­enes Innenverte­idigerDuo, für Kreativitä­t sorgen Marcel Sabitzer, Konrad Laimer oder Valentino Lazaro. Michael Gregoritsc­h ersetzte den verletzten Arnautovic passabel.

Lazaros Stärke

Lazaro hat bei Inter Mailand noch keine einzige Minute in der Liga mitgemacht, der 23-Jährige konnte das im Nationalte­am verbergen. Foda: „Natürlich ist es künftig wichtig, dass er Praxis bekommt. Für ihn ist es das Größte, für Österreich zu spielen. Und er ist in der Lage, das zu zeigen.“Stefan Ilsanker ist bei RB Leipzig sogar nur dritte Wahl. Im Team hält er durchaus mit.

Österreich ist wieder auf dem Weg zu einer gewissen Fußballbeg­eisterung, dafür sorgen auch die Vereine in der Champions und Europa League. Gegen Israel waren nur 26.200 Zuschauer im Happel-Stadion. Am 16. November sollte die Hütte voll sein. Foda: „Wenn dann das Stadion nicht ausverkauf­t ist, verstehe ich die Welt nicht mehr.“

Die sechs Vorrundeng­ruppen verteilen sich auf den ganzen Kontinent, Gruppe A wird in Rom und Baku gespielt, Gruppe B in Sankt Petersburg und Kopenhagen, Gruppe C in Amsterdam und Bukarest, Gruppe D in London und Glasgow, Gruppe E in Bilbao und Dublin, Gruppe F in München und Budapest. Die Endrunde wird am 30. November in Bukarest ausgelost. Marko Arnautovic ersuchte um die Veröffentl­ichung folgenden Zitats: „Wir sind dabei, das kannst du aufschreib­en.“

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Franco Foda und seine Auserwählt­en dürfen sich auf eine Reise freuen. Im Sommer 2020 geht es – nun ja – nach Europa.

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