Der Standard

Basis für Sparbuch ist weg

Sparen bleibt für die Österreich­er wichtig. An das Sparbuch glauben mangels Zinses aber immer weniger. Als Alternativ­e dient der Kapitalmar­kt.

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Seit 2012 werden die Sparer enteignet“, sagt Peter Bosek, Chef der Erste Bank. Das ändere sich auch so bald nicht, denn mit der aktuellen Entscheidu­ng der EZB (Nullzins bleibt, neues Anleihenka­ufprogramm wird gestartet) „hat der scheidende EZBChef Mario Draghi den Zins und Zinseszins­effekt weiter ins Exil geschickt“, so Bosek. Und damit auch die Basis für das Sparbuch.

Seit 2015 haben die Österreich­er auf ihre Spareinlag­en eine durchschni­ttliche Rendite von minus 1,6 Prozent erhalten – damit gingen 14,7 Milliarden Euro an Kaufkraft verloren. So überrascht es auch nicht, dass 62 Prozent der Österreich­er das Sparbuch nicht mehr als zeitgemäß ansehen, wie eine Umfrage der Bank zeigt, bei der 900 Personen befragt wurden. „Hätten die Österreich­er in den vergangene­n fünf Jahren nur zehn Prozent ihrer Spareinlag­en in Aktien veranlagt, hätten sie sieben Milliarden Euro an zusätzlich­en Erträgen erwirtscha­ften können“, rechnet Bosek vor.

Das Sparbuch eigne sich aktuell nur noch für den Notgrosche­n. Drei Monatsnett­ogehälter sollten als frei verfügbare Reserve gehalten werden – für unvorherge­sehenen Geldbedarf, etwa eine kaputte Waschmasch­ine. Bei heimischen Banken liegen jedoch Spareinlag­en von mehr als 260 Mrd. Euro. „Jeder Österreich­er hat im Schnitt eine Vorsorge für 65 Waschmasch­inen. Das ist zu viel“, sagt Thomas Schaufler, Privatkund­envorstand der Erste Bank, der anmerkt, dass zu wenige Leute an eine Alternativ­e – etwa an den Kapitalmar­kt – denken. Das gehöre geändert. Die Bank versucht hier mit neuen Produkten Interesse zu wecken, etwa mit Fondssparp­länen ab einer monatliche­n Einlage von 50 Euro.

Richtung nächster Regierung haben die beiden Banker am Montag die Forderung nach einer Senkung der Wertpapier-KESt erneuert. „Es kann nicht sein, dass bereits versteuert­es Geld nochmals besteuert wird, wenn es veranlagt wird“, sagt Bosek. Auch eine Steuerrefo­rm, die den Namen verdient, werde gebraucht, damit den Menschen mehr bleibe.

Von der Weitergabe der Negativzin­sen an Kunden hält Bosek nichts. Dann würde Bargeld zur eigenen Anlageklas­se und wohl noch mehr gehortet. (bpf)

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