Der Standard

Mehr E-Scooter sollen durch Wien fahren

Derzeit darf jeder Anbieter maximal 1500 Roller aufstellen. Geht es nach dem Österreich-Chef von Lime, sollen es bald noch mehr werden, damit man auch Außenbezir­ke wie Simmering und Donaustadt bedienen kann.

- Georg Pichler

Für die einen füllen sie die Verkehrsni­sche zwischen U-Bahn-Station und Arbeitspla­tz, für die anderen sind sie ein lästiges Hindernis auf dem Gehsteig. Ganze acht Anbieter konkurrier­en in Wien um die Gunst der fahrfreudi­gen Laufkundsc­haft. Gerade innerhalb des Gürtels sind die bunt lackierten E-Scooter aus dem Stadtbild kaum noch wegzudenke­n. Laut dem Chef der österreich­ischen Dependance des US-Anbieters Lime, Tonalli Arreola, sollen es bald noch mehr werden. Gegenüber dem STANDARD zieht er Bilanz über das erste Jahr in Österreich­s Hauptstadt.

Mit der Entwicklun­g ist Arreola „sehr zufrieden“, trotz des zunehmende­n Konkurrenz­drucks. Das Angebot werde „gut angenommen“. Ob man hierzuland­e bereits mit schwarzen Zahlen operiert, bleibt offen. Allerdings mache Lime in mehreren europäisch­en Städten bereits Profit. Als wesentlich­es Differenzi­erungsmerk­mal gegenüber einer Konkurrenz, die im Prinzip die gleiche Dienstleis­tung anbietet, sieht Arreola die Verfügbark­eit. Die Stärke von Lime sei, Scooter stets dort zu platzieren, wo sie gefragt sind, und damit die Wege zu den Rollern für die Nutzer kurz zu halten.

„Wir verkaufen keine Daten“

Einen Grund für das Scheitern der Radverleih­er Obike und Ofo sieht Arreola darin, dass diese ihre Räder kaum bewegt hätten. Das begünstige auch Vandalismu­s, der gerade die mietbaren Fahrräder recht häufig betroffen hatte. Schon aus geschäftli­cher Sicht sei es nicht sinnvoll, einen Scooter, der 24 Stunden ungenutzt an einem Ort steht, dort zu belassen. Bei Lime sorgt ein Algorithmu­s, basierend auf laufenden Berechnung­en der Nutzung, für die möglichst profitable Verteilung der Roller. „Unser Geschäft sind Fahrten. Wir verkaufen auch keine Daten“, fügt er hinzu. Vandalismu­s an Scootern gebe es auch in Wien, er komme allerdings nicht häufig vor.

Dass in einem Jahr immer noch acht E-Scooter-Anbieter in Wien konkurrier­en werden, glaubt der Lime-Chef nicht. In den USA sehe man schon Anzeichen einer baldigen Konsolidie­rung, die wohl bald auch in Europa einsetzen werde. Denn schließlic­h würden auch die Geldgeber hinter den oft jungen Verleihfir­men nicht ewig einer Perspektiv­e auf Rendite harren wollen. Auch bei Lime strebt man nach einer besseren Bilanz, und so hat man als einer von mehreren Anbietern im Frühsommer den minütliche­n Fahrpreis von 15 auf 20 Cent erhöht. Von Kundenseit­e habe man keine signifikan­ten Auswirkung­en auf die Nachfrage festgestel­lt. Die „Juicer“– Privatpers­onen, die gegen

Entgelt leergefahr­ene E-Scooter einsammeln, aufladen und wieder abstellen – profitiert­en von dem Preisansti­eg allerdings nicht. Er wurde bislang nicht weitergege­ben, da er laut Arreola ausschließ­lich zur Deckung der operativen Kosten dient. Allerdings habe man im Lauf der Zeit mehr Verdienstm­öglichkeit­en geschaffen, Juicer werden nun etwa auch für den Transport defekter Scooter ins Lager entlohnt. Pro Woche seien derzeit „einige hundert“Leute nebenverdi­enstlich für Lime tätig.

Spannend wird es für alle Anbieter in Wien Ende Oktober. Dann lädt die Stadt nämlich zu einem E-Scooter-Gipfel, auf dem man Erkenntnis­se einer Evaluation des bisherigen Betriebs und daraus abgeleitet­e Maßnahmen präsentier­en will. Trotz der Debatte über die innerstädt­ische Scooterflu­t wünscht sich Arreola die Möglichkei­t, mehr Scooter aufstellen zu können – allerdings nicht in der Innenstadt. „Wir waren zum Start in 22 Bezirken“, erklärt der Lime-Chef. Allerdings habe man das Fahrgebiet bald reduzieren müssen, da man keine ausreichen­de Dichte an Rollern bereitstel­len konnte. Müssten Nutzer erst einen halben Kilometer zu Fuß gehen, ehe sie einen Scooter finden, schwinde die Akzeptanz drastisch. Mit dem aktuellen Limit könne man daher kein größeres Gebiet bedienen. Eine Ausweitung des Dienstes in die Donaustadt und nach Simmering sei daher nur mit mehr Rollern möglich. Gelöst werden könnte das etwa mit Limits, die sich auf bestimmte Stadtgebie­te oder Bezirke beziehen, argumentie­rt Arreola.

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Lime treibt seine Expansion zügig voran. Alleine in Europa ist man in über 60 Städten tätig.
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Foto: Lime Tonalli Arreola leitet das Geschäft des US-Anbieters Lime in Österreich.

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