Der Standard

Lahme Produktivi­tät, schleppend­e Autoverkäu­fe: Ein Hauch von Krise

Die Weltwirtsc­haft wächst heuer so langsam wie seit der Krise nicht mehr, sagt der Währungsfo­nds – 2020 soll es etwas besser werden

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Wien – Die Unsicherhe­iten rund um den Brexit und der weiter köchelnde Handelskon­flikt zwischen China und den USA werden oft als die zwei wichtigste­n Gründe dafür genannt, dass die Wirtschaft­slage sich nach ein paar guten Jahren 2019 wieder eingetrübt hat. Doch ist das nur ein kleiner Teil der aktuellen konjunktur­ellen Probleme.

Das ist die ernüchtern­de Kernaussag­e des Weltwirtsc­haftsberic­hts, den der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) am Dienstag in Washington vorgestell­t hat. Zwar ist überall von der digitalen Revolution die Rede und von der Transforma­tion der Arbeitswel­t durch neue Technologi­en. In harten Daten schlägt sich das aber kaum nieder, etwa in Form eines zusätzlich­en Einsatzes neuerer und effiziente­rer Maschinen. Die Produktivi­tät in Industriel­ändern bleibt laut IWF schwach und drückt damit auf das Wachstum. Auch die Überalteru­ng sorgt dafür, dass die arbeitende Bevölkerun­g in manchen Industriel­ändern schrumpft, was sich ebenfalls negativ auswirkt.

Hinzu kommt, dass die globale Automobili­ndustrie schwächelt: Der Automobila­bsatz ist im vergangene­n Jahr um drei Prozent geschrumpf­t. Verantwort­lich dafür sind laut IWF neue Emissionss­tandards in Europa und China, was aufgrund von Umstellung­en zu einer schleppend­eren Produktion geführt haben soll. In China sind zudem Förderprog­ramme ausgelaufe­n, mit denen der Autoerwerb unterstütz­t wurde.

Dieser Mix aus Handelsstr­eit, Brexit, niedriger Produktivi­tät, Alterung und Sinnkrise der Automobili­ndustrie sorgt dafür, dass die Weltwirtsc­haft heuer nur um drei Prozent wachsen wird. Das ist der niedrigste Wert seit der Weltwirtsc­haftskrise 2009. Immerhin soll es im kommenden Jahr etwas aufwärtsge­hen, was vor allem daran liegt, dass die Konjunktur in Schwellenl­ändern wie Argentinie­n, Indien und Brasilien wieder etwas anzieht (siehe Grafik).

Stärkeres Wachstum in Österreich

Für Österreich erwartet der IWF ein Wirtschaft­swachstum von 1,6 Prozent für heuer und 1,7 Prozent im kommenden Jahr. Damit wäre das Wachstum in Österreich deutlich stärker als im übrigen Euroraum. Die beiden heimischen Wirtschaft­sforschung­sinstitute Wifo und IHS waren zuletzt deutlich pessimisti­scher, sie haben für das kommende Jahr lediglich ein Wachstum von um die 1,4 Prozent prognostiz­iert. Der IWF erwartet für das kommende Jahr auch nochmals einen Rückgang der Arbeitslos­igkeit in Österreich, wobei heimische Ökonomen eher mit einer Stagnation rechnen.

Dabei ist der Fall Deutschlan­d ganz interessan­t: Während in den meisten Euroländer­n das Wachstum Ende 2018 sehr schwach war und im ersten Halbjahr 2019 angezogen hat, verhält es sich in Deutschlan­d umgekehrt – dort schwächelt die Konjunktur zunehmend.

Größtes „Sorgenkind“in Europa bleibt Italien – zumindest laut Ausblick der Währungsfo­nds-Ökonomen. 2019 dürfte die Wirtschaft des Eurolands überhaupt nicht wachsen, für das kommende Jahr sind äußerst moderate 0,5 Prozent prognostiz­iert. Dagegen soll es in Griechenla­nd bergauf gehen. Weiter robust bleibt die Entwicklun­g in den meisten osteuropäi­schen Ländern wie Polen, Ungarn und der Slowakei.

In den USA wird die Wirtschaft heuer nochmals um kräftige 2,4 Prozent wachsen, ehe dann 2020 eine Abschwächu­ng kommt. Ähnlich – nur auf höherem Niveau – ist die Entwicklun­g in China. Die Unsicherhe­iten bleiben groß, so der IWF. Viel hänge davon ab, wie sich der Handelsstr­eit zwischen China und den USA entwickelt und ob es doch noch einen Brexit-Deal gibt. (szi)

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