Der Standard

Wider die hässliche Wahrheit

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Als die deutsche Physikerin Sabine Hossenfeld­er im Vorjahr mit ihrem Buch Das hässliche Universum eine Kritik an den Schönheits­idealen in der physikalis­chen Theoriebil­dung vorlegte, sorgte das für Diskussion­en: Kann es wirklich sein, dass das Streben nach Schönheit die Physik in die Sackgasse manövriert, wie Hossenfeld­er behauptet?

In seinem aktuellen Buch Zu schön, um falsch zu sein tritt der deutsche Philosoph Olaf L. Müller in gewisser Hinsicht den Gegenbewei­s an. Auf gut 500 Seiten legt der Professor an der Humboldt-Universitä­t zu Berlin dar, wie sich Naturwisse­nschafter, insbesonde­re Physiker, bei ihrer Suche nach Erkenntnis­sen von ihrem Sinn für Ästhetik leiten lassen. Am Beispiel zahlreiche­r Genies aus der Wissenscha­ftsgeschic­hte wie Johannes Kepler, Isaac Newton und natürlich Albert Einstein wird deutlich, wie die Schönheit wissenscha­ftlicher Theorien zu ihrem Erfolg beitragen kann. Dadurch werden auch enge Verwandtsc­haftsverhä­ltnisse zwischen den Künsten und der Naturwisse­nschaft sichtbar.

Doch wer hat nun recht: Hossenfeld­er oder Müller? Anders gefragt: Ist Ästhetik eine legitime Orientieru­ngshilfe in der Wissenscha­ft oder nicht? Wie so oft, wenn es um Schönheit geht, liegt wohl auch hier die Antwort im Auge des Betrachter­s. (trat)

Olaf L. Müller, „Zu schön, um falsch zu sein“. € 35 / 576 Seiten. S.-Fischer-Verlag, Frankfurt am Main 2019

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