Der Standard

Antiker Held der Wissenscha­ft

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Indem er dem mystisch-religiösen Glauben ein neues Wissen über die Welt, gegründet auf Neugierde, entgegenst­ellte, löste der antike Philosoph Anaximande­r einen nachhaltig­en Konflikt aus. Da dieser gerade heute wieder offen ausbricht, liegt es dem italienisc­he Physiker Carlo Rovelli in seinem neuen Buch daran, Anaximande­r als „einen der Väter des naturwisse­nschaftlic­hen Denkens“zu charakteri­sieren und seine bis heute fortdauern­den Aktualität herauszuar­beiten. Dabei ist keine trockene historisch­e Abhandlung über den Philosophe­n, der vor 26 Jahrhunder­ten wirkte, entstanden, sondern das lebhafte Porträt eines fasziniere­nden Denkers aus der Perspektiv­e eines zeitgenöss­ischen Forschers.

Rovelli selbst bemüht sich seit Jahren um eine Vereinheit­lichung der beiden großen physikalis­chen Theorien des 20. Jahrhunder­ts – der Quantenphy­sik und der Relativitä­tstheorie. Um dieses Problem zu lösen, „ist es wahrschein­lich nötig, unsere Konzepte von Raum und Zeit grundlegen­d zu ändern“, schreibt Rovelli. Seine Überlegung­en dazu prägen auch seinen Blick auf das Wirken von Anaximande­r. So gewinnt die Naturwisse­nschaft für Rovelli ihre Kraft „nicht aus den Sicherheit­en, die sie liefert, sondern ganz im Gegenteil aus einem geschärfte­n Bewusstsei­n für das Ausmaß unseres Nichtwisse­ns“. (trat)

Carlo Rovelli, „Die Geburt der Wissenscha­ft – Anaximande­r und sein Erbe“. € 22,70 / 232 Seiten. Rowohlt, Hamburg 2019

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