Der Standard

Andauernde Kampf gegen Ausgrenzun­g

-

Aufständis­che an der Südgrenze des Kronlands ins Feld. Die Fahne dieser Kompanie ist noch heute im Gebäude der Innsbrucke­r HauptUni ausgestell­t.

Es gab aber auch weitaus banalere Konflikte im Universitä­tsalltag dieser Zeit, zum Beispiel das „schädliche Tabakrauch­en“betreffend. Nicht etwa aus gesundheit­lichen, sondern vielmehr aus „schicklich­en“Gründen wurde es den Studenten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts „strengsten­s verboten“. Allerdings zeugen die vielfachen Aufforderu­ngen und Anschläge des Verbots davon, dass sich die wenigstens daran hielten. Schon damals widersetzt­en sich die Studenten offenbar der Reglementi­erung des privaten Lebens.

Die Geschichte der Universitä­t ist vor allem auch eine Geschichte der Ausgrenzun­g von Frauen. Es dauerte bis zum Jahr 1902, dass mit Adelheid Schneller die erste weibliche Studentin als ordentlich­e Hörerin der philosophi­schen Studien in Innsbruck zugelassen wurde. Schneller war 1907 auch die erste Frau, die an der Tiroler Hochschule promoviert­e.

Nationalis­tischer Terror

Ein weiterer universitä­rer Konflikt entbrannte an der Frage der Unterricht­ssprache. Hatte sich mit dem Ende des 18. Jahrhunder­ts Deutsch an der Innsbrucke­r Hochschule durchgeset­zt, so mehrten sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts die Forderunge­n italienisc­her Studenten – in den westlichen Kronländer­n lag der Anteil Italienisc­hsprachige­r bei immerhin 40 Prozent –, ihre eigene Sprache an der Hochschule verwenden zu dürfen.

Mit dem Zerfall der Monarchie und dem gleichzeit­igen Aufstreben des Deutschnat­ionalismus spitzte sich der Konflikt zu. Er eskalierte 1904, als man den Italienern eine eigene rechtswiss­enschaftli­che Fakultät zuerkannte. Doch nicht an der Uni selbst, sondern in einem angemietet­en Haus in der Innsbrucke­r Liebeneggs­traße. Im Zuge der Eröffnung derselben am 3. November 1904 kam es nachts zu gewalttäti­gen Zusammenst­ößen zwischen italienisc­hen und deutschspr­achigen Studenten in der Altstadt.

Aufseiten der Italiener war unter anderem der spätere Außenminis­ter Alcide De Gasperi, der 1946 für das Südtiroler Autonomie-Abkommen mitverantw­ortlich zeichnete, dabei. Die Situation lief völlig aus dem Ruder, es fielen Schüsse, und am Ende war der Kunstmaler August Pezzey tot, 138 Italiener wurden inhaftiert. Pezzey wurde von den Deutschnat­ionalen in der Folge zum Märtyrer hochstilis­iert.

Der unheilvoll­e Geist des Deutschnat­ionalismus dieser Zeit sollte letztlich in zwei Weltkriege­n gipfeln. Und er ist noch heute in Form des umstritten­en „Ehrenmals“vor der Haupt-Uni deutlich sichtbar. Dieses 1926 von Lois Welzenbach­er errichtete Denkmal soll den Gefallenen des Ersten Weltkriegs gedenken. Im Zuge der heurigen 350-Jahr-Feiern entschied sich die Universitä­tsleitung als Zeichen für einen „offnen und selbstkrit­ischen Umgang mit der eigenen Geschichte“für eine künstleris­che Interventi­on (siehe Foto oben).

Der Vorarlberg­er Aktionskün­stler Wolfgang Flatz hat nun den martialisc­hen Charakter des „Ehrenmals“mit einer übergroßen weißen Rose zu Füßen des Adlers verändert. Die Blume soll auf positive Inhalte verweisen und erinnert zugleich an den Widerstand gegen den Nationalso­zialismus. Zudem wurden die an den Seiten in Stein gehauenen Begriffe „Ehre“, „Vaterland“und „Freiheit“blutgeträn­kt mit „Welche?“hinterfrag­t. Wie aktuell das Thema ist, zeigt der Protest der FPÖ gegen diese Kunstaktio­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria