Der Standard

Wider das Vergessen – der Zivilgesel­lschaft

Was beim Symposium des Hauses der Geschichte über Maly Trostinec fehlt

- Waltraud Barton

In Maly Trostinec in Weißrussla­nd wurden von den Nazis mehr als 60.000 Menschen sofort nach ihrer Ankunft ermordet, darunter nahezu 10.000 aus Wien deportiert­e Juden. Jahrzehnte­lang gab es in Österreich kein Gedenken an diese vielen Toten.

Erst durch meine Initiative mit der Gründung des Vereins Im-Mer 2010 und unzählige Erinnerung­sveranstal­tungen rückte die NSVernicht­ungsstätte ins öffentlich­e Bewusstsei­n. So hat Im-Mer schon 2013 mit „Den Toten ihre Namen geben“Ideen für ein Grabmal in Maly Trostinec gesucht und 2016 eine entspreche­nde Petition im Parlament eingebrach­t, die der Nationalra­t einstimmig angenommen hat. Wir (jüdische Verwandte der Opfer aus aller Welt und engagierte Österreich­er) zogen 2017 im „Marsch für Tausend“zehn Mal durch Wien und verlasen die Namen der Opfer.

Im Haus der Geschichte Österreich wird dieses Engagement nun verschwieg­en: Zu dem heute, Mittwoch, stattfinde­nden Symposium „Erinnerung­skulturen in und über Maly Trostinec“wurde Im-Mer weder als Sprecher noch als Zuhörer eingeladen. In der Ausstellun­g „Vernichtun­gsort Malyi Trostenez. Geschichte und Erinnerung“wird das Modell des von Im-Mer initiierte­n Denkmals, das der Bundeskanz­ler im März 2019 in Maly Trostinec eingeweiht hat, ohne die Zusatztafe­l mit der Inschrift „Initiative: Verein ImMer“gezeigt. Soll dort nicht daran erinnert werden, dass die Republik Österreich die Zivilgesel­lschaft gebraucht hat, um offiziell der in Maly Trostinec ermordeten Juden und Jüdinnen zu gedenken?

WALTRAUD BARTON ist Gründerin und Obfrau des Vereins Initiative Malvine – Maly Trostinec erinnern (Im-Mer).

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