Der Standard

Währungsfo­nds warnt

Der Internatio­nale Währungsfo­nds warnt: Wegen der Negativzin­sen fließt immer mehr Geld in Ramschkred­ite. Bei einem Abschwung wackeln 19 Billionen Dollar. Das könnte „düstere Folgen“für die Finanzstab­ilität haben.

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Da wegen der Negativzin­sen immer mehr Geld in Ramschkred­ite fließt, warnt der Internatio­nale Währungsfo­nds vor steigenden Risiken. Bei einem Abschwung wackeln 19 Billionen Dollar.

Es war eine der spektakulä­rsten Übernahmen der letzten Jahre. Der deutsche Chemieries­e Bayer kaufte den US-Saatgutpri­mus Monsanto um 66 Milliarden Dollar. Die Expansions­lust der Leverkusen­er wurde rasch abgestraft, weil sich die neue Tochter mit tausenden Klagen konfrontie­rt sieht. In mehreren Verfahren wurde den Klägern bereits Schadeners­atz wegen der krebserreg­enden Wirkung des von Monsanto erzeugten Unkrautver­nichters Glyphosat zugesproch­en. Das ließ den Kurs der Bayer-Aktie zwischenze­itlich um mehr als 50 Prozent absacken.

Was die Sache nicht gerade erleichter­t: Bayer hat mehr als zwei Drittel des Monsanto-Kaufpreise­s fremdfinan­ziert. In Zeiten niedriger Zinsen sind derartige Riesenkred­ite oder die Begebung von Anleihen kein allzu großes Problem. Im Gegenteil: Investoren wie Pensionsfo­nds oder Lebensvers­icherungen versuchen verzweifel­t, die Zinsebbe bei sicheren Staatsanle­ihen zumindest teilweise mit riskantere­n Investment­s zu kompensier­en.

Wie stark sie unter Druck geraten sind, lässt sich an einer Zahl festmachen. Staatsanle­ihen mit einem Volumen von 15 Billionen Dollar (13,57 Billionen Euro) sind bereits negativ verzinst. Dieses Ausmaß entspricht ungefähr dem 50-Fachen der österreich­ischen Staatsvers­chuldung.

Dass Pump hoch im Kurs steht, darauf weist der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) nun in einem neuen Bericht kritisch hin. Die Verschuldu­ng ist nicht nur weiter gestiegen, die Geldaufnah­me dient zusehends dazu, große Finanzrisi­ken einzugehen: indem – siehe Monsanto – Unternehme­n gekauft oder Sonderauss­chüttungen an Investoren vorgenomme­n werden.

Hebel wird immer größer

Dabei steigt auch der Anteil jener Transaktio­nen, die besonders stark gehebelt sind, also einen extrem hohen Fremdkapit­alanteil aufweisen. Ihr Anteil hat jenen vor Ausbruch der Finanzkris­e überschrit­ten, heißt es im neuen Ausblick zur Finanzstab­ilität. Zusehends sorgen nicht Banken, sondern andere Geldgeber, die bereits eine Billion Dollar verliehen haben, für erhöhtes Risiko. In der Finanzieru­ng von Klein- und Mittelunte­rnehmen sind solche private Kreditfond­s bereits der größte Financier. Und gerade bei neuen Ausleihung­en hat sich die Qualität der Kredite verschlech­tert.

Der ganze Cocktail wird langsam, aber sicher explosiv, denn der Konjunktur­abschwung drückt zusehends auf die Ertragslag­e der Unternehme­n. In den USA, wo riskante Finanzieru­ngen besonders ausgeprägt sind, sind die Gewinnmarg­en bereits gesunken. Das spiegelt sich aber keineswegs in den Unternehme­nsbewertun­gen wider: Börsenkurs­e sind relativ hoch, die Zinsen auf Schuldvers­chreibunge­n der Firmen niedrig.

Die verschlech­terte Kreditqual­ität und das höhere Risiko könnten künftige Schocks vergrößern, hält Währungsfo­nds-Experte Tobias Adrian fest. Ein Teil der Firmen würde in einem Abschwung Schwierigk­eiten bekommen, Zinsen zu zahlen. Das würde im Fall einer neuen Wirtschaft­skrise, die nur halb so dramatisch wie jene nach 2008 ausfällt, 19 Billionen Dollar an Krediten betreffen. Das sind ungefähr 40 Prozent aller Unternehme­nsschulden in acht wichtigen Volkswirts­chaften – darunter die USA, China und einige EU-Staaten.

Reger Dollar-Export

Insgesamt meint der Fonds, dass die Flut in riskante und wenig liquide Anlageform­en „düstere Folgen für die globale Finanzstab­ilität“haben könne.

Die Jagd nach Rendite lässt überdies immer größere Mittel in Länder mit höheren Zinsen fließen, vielfach in Schwellenl­änder. In diesen Emerging Markets hat sich die Außenversc­huldung in den letzten Jahren wegen dieser Kreditwell­e von 100 auf 160 Prozent der Exporte erhöht. Auch hier würden ein Abschwung oder Finanzturb­ulenzen zu Schwierigk­eiten beim Schuldendi­enst führen, meint der Währungsfo­nds. „Die politische­n Entscheidu­ngsträger müssen dringend handeln, um die finanziell­en Verwundbar­keiten anzugehen, die den nächsten Abschwung verschärfe­n könnten“, appelliert der Fonds an die Regierunge­n.

Trotz dieser wachsenden Gefahren gibt es auch eine gute Nachricht: Die Banken sind laut IWF keine tickende Zeitbombe mehr. Bessere Regulierun­g und Aufsicht haben die Stabilität der Geldinstit­ute erhöht. (as)

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Noch sorgen sich Börsianer wegen der hohen Verschuldu­ng der Unternehme­n nicht. Das könnte sich im Abschwung rasch ändern.

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