Der Standard

Wenn Menschen auf den Weltunterg­ang warten

Eine Familie in Ruinerwold dürfte jahrelang isoliert gelebt haben – Medien berichtete­n, dass sie sich auf die Apokalypse vorbereite­te

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– Er und seine Familie hätten auf das „Ende der Zeiten“gewartet, soll der Mann gesagt haben, als er in Ruinerwold im Gasthaus um Hilfe bat. Seitdem wird wild gemutmaßt, ob er und die sechs Personen, die in einem versperrba­ren Raum gefunden wurden, auf den Weltunterg­ang gewartet haben. Bestätigt wurde dies bislang nicht. Doch dass Menschen sich auf die Apokalypse oder auf andere Krisen vorbereite­n, auch mit teils extremen Methoden, ist kein unbekannte­s oder neues Phänomen. Wie ist die Szene in Österreich?

Herbert Saurugg bezeichnet sich selbst als Blackout-Experte, er bietet unter anderem Workshops in Unternehme­n oder Gemeinden an. „Es gibt eine gewisse Abstufung“, sagt er, „da gibt es die Prepper, die einfach Vorsorge treffen, und die Doomer, die eine Bunkerment­alität aufweisen und sich bis ins letzte Detail auf den Weltunterg­ang vorbereite­n.“

Über Waffen und Dörrobst

Die Doomer seien eine Randersche­inung. Die Szene der Prepper, also jener, die das Gefühl haben, „es kann was schiefgehe­n“, würde wachsen, so Saurugg. Innerhalb dieser Gruppierun­g gebe es extreme Ausprägung­en. Etwa Menschen, die sich bewaffnen – aus Angst, die Masse würde über ihre Vorräte herfallen, wenn nichts mehr verfügbar ist.

In Foren, in denen sich jene austausche­n, die sich vor dem Schlimmste­n fürchten, findet man Tipps zur kampflosen Gegenwehr und dazu, wie man Dörrgeräte mit Solarenerg­ie betreiben kann. Man findet aber auch Diskussion­en rund um Bögen, Pfeilpisto­len und Armbrüste.

„Meine Warnung an jene, die sich bewaffnen, ist: Die ersten zehn Menschen kannst du vielleicht noch abwehren, die hundert danach nicht mehr“, sagt Saurugg, „darum sollten wir offen über Vorsorge sprechen, damit es gar nicht erst dazu kommt, dass Menschen sich bewaffnen.“Saurugg weiß von Bunkern, die den Zweck haben, im Krisenfall Schutz zu bieten. Von Bunkern, in denen dauerhaft oder jahrelang Menschen leben, habe er in Österreich bisher nicht gehört.

Guru-Denken und Ängste

Dass Menschen auf den Weltunterg­ang warten, ist auch Psychologi­n Ulrike Schiesser von der Bundesstel­le für Sektenfrag­en bekannt. Sie kenne einzelne kleinere Gruppen in Österreich, sehe aber keine „große Bewegung“. In vielen Fällen sei diese Weltanscha­uung mit einer religiösen Einstellun­g verknüpft, auch Gurus können eine Rolle spielen: „Als Machtinstr­ument ist der Weltunterg­ang sehr kraftvoll“, sagt Schiesser.

Ein Grund, warum die Angst vor der Apokalypse so wirksam sei, sei „ein grundsätzl­iches Gefühl der Bedrohung“, oft auch durch reelle Umstände, etwa den Klimawande­l. Gefährlich werde es aber dann, wenn Menschen einen Tunnelblic­k bekommen: „Wenn sie das wirklich zu 100 Prozent glauben, brechen sie alle Dinge ab, die sie als nicht mehr essenziell sehen: Kontakte, Beruf, Alltag“, sagt Schiesser.

Verschwöru­ngstheorie­n würden zudem Feindbilde­r schüren, der Gedanke an eine Gruppe, die im Ernstfall gefährlich wird, entsteht: „Und das ist der Nährboden für gefährlich­e Gesellscha­ftsentwick­lungen.“(elas)

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