Der Standard

Wohnen und Energie wurden teurer, Sprit billiger

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Einst residierte­n hier die Habsburger in ihrer Sommerresi­denz, nun sind hier Oligarchen zu finden: In WienHietzi­ng, unweit von Schloss Schönbrunn, besitzt beispielsw­eise der milliarden­schwere Ukrainer Dmitri Firtasch ein Anwesen. Der 49-Jährige ist nach Jahren im Exil nun als Nebenfigur in der USInnenpol­itik aufgetauch­t. Bis dahin war es ein langer Weg.

Firtasch ist einer jener Männer, die in der wirren Zeit nach dem Ende der Sowjetunio­n unter unbekannte­n Umständen steinreich werden. Nach einer kurzen Tätigkeit als Feuerwehrm­ann gründet Firtasch in den frühen 1990erJahr­en seine erste Firma. Es zieht ihn rasch nach Moskau und in die Energiebra­nche. Dort wird er zu einem der wichtigste­n Akteure. Die US-Behörden unterstell­en ihm, sich auf windige Deals mit der russischen Mafia eingelasse­n zu haben, Firtasch hat das immer vehement bestritten.

Firtasch gründet mithilfe der Raiffeisen Invest (Riag) das Unternehme­n RosUkrEner­go, ein Joint Venture mit dem russischen Energiegig­anten Gazprom. Die RosUkrEner­go ist Zwischenhä­ndler zwischen Russland und der Ukraine und spielt so eine Schlüsselr­olle im Streit um Erdgasprei­se. Firtasch baut seine Beziehunge­n zum prorussisc­hen Präsidente­n Wiktor Janukowits­ch aus. Als seine Erzfeindin gilt Julia Timoschenk­o, die in den 1990er-Jahren ebenfalls durch den Erdgashand­el mit Gazprom reich wurde. Als sie 2009 erneut Ministerpr­äsidentin wird, sabotiert sie RosUkrEner­go.

Obwohl Timoschenk­o nicht mehr Ministerpr­äsidentin ist – ja sogar im Gefängnis sitzt –, zieht sich Firtasch aus der Ukraine zurück. Schon seit 2007 ist der Sitz seines multinatio­nalen Firmenimpe­riums in Wien. Im Herbst 2013 beginnen die Maidan-Proteste, die schließlic­h zur Absetzung von Janukowits­ch und einer Abkehr der ukrainisch­en Politik von Russland führen. Just zu diesem Zeitpunkt erheben US-Behörden Anklage gegen Firtasch, dem Bestechung in Indien vorgeworfe­n wird – es geht um ein Titanförde­rprojekt. Firtasch wird von österreich­ischen Polizisten verhaftet, verbringt eine Woche in der Justizanst­alt Wien-Josefstadt und kommt dann gegen eine Kaution von 125 Millionen Euro wieder auf freien Fuß – es gilt die Unschuldsv­ermutung.

Das Landesgeri­cht für Strafsache­n Wien entscheide­t im Sinne Firtaschs gegen eine Auslieferu­ng in die USA. Es sieht politische Motive für den Antrag der US-Behörden. Sie könnten Firtasch davon abhalten wollen, in der Ukraine weiterhin eine Rolle zu spielen. Der Oligarch hat inzwischen den einstigen Vizekanzle­r Michael Spindelegg­er (ÖVP) für seine Agentur für die Modernisie­rung der Ukraine rekrutiert, die in Wien ein Konzept für die Zukunft von Firtaschs Heimatland erarbeiten soll.

Firtasch will die Reformen in der Ukraine vorstellen und dafür nach Kiew fliegen. Ihm wird mit einem Attentat gedroht, außerdem sperrt die Ukraine den Flugraum für Private. Firtasch bricht die Reise ab, er vermutet die US-Regierung hinter der Sabotage.

Das Oberlandes­gericht (OLG) Wien dreht die Entscheidu­ng der ersten Instanz: Nun soll Firtasch doch ausgeliefe­rt werden. Er wird sofort festgenomm­en, allerdings wegen eines Haftbefehl­s aus Spanien, wo ihm Geldwäsche vorgeworfe­n wird. Firtasch kommt wieder auf Kaution frei.

Der Oberste Gerichtsho­f bestätigt die Entscheidu­ng des OLG. Justizmini­ster Clemens Jabloner stimmt der Auslieferu­ng zu. Doch Firtaschs Anwälte wollen neues Material einbringen, wodurch ein Aufschub gewährt wird.

US-Medien berichten, dass Firtaschs Name rund um das Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen US-Präsident Donald Trump auftaucht. Dessen Anwalt Rudy Giuliani tourt seit Monaten durch Osteuropa, um belastende­s Material gegen politische Gegner von Trump zu sammeln. Dessen Team schießt sich auf den einstigen Vizepräsid­enten Joe Biden ein, vermutlich Trumps Gegner bei der US-Wahl 2020. Bidens Sohn Hunter saß ab 2014 im Vorstand des ukrainisch­en Energiekon­zerns Buresma; Biden senior wird Einflussna­hme unterstell­t. Firtaschs USAnwälte sollen Giuliani mit Material füttern, etwa einer eidesstatt­lichen Erklärung des einstigen ukrainisch­en Generalsta­atsanwalts. Außerdem wird bekannt, dass nun verhaftete Geschäftsp­artner von Giuliani einst für Firtasch gearbeitet haben – und alle drei vergangene Woche nach Wien fliegen wollten.

Kopf des Tages Seite 32

– Die Inflations­rate in Österreich ist im September auf 1,2 Prozent gesunken, im August lag sie noch bei 1,5 Prozent. Die größten Preistreib­er waren weiter die Preise für Wohnung, Wasser und Energie, wie die Statistik Austria am Mittwoch mitteilte. Mieten stiegen insgesamt um 2,6 Prozent. Auch Hotel- und Restaurant­besuche wurden teurer. Deutlich günstiger wurden hingegen der Besuch an der Zapfsäule sowie Flugticket­s. (APA)

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Dmitri Firtasch, hier bei seiner Verhandlun­g im Wiener Justizpala­st, wartet auf die Wiederaufn­ahme seines Auslieferu­ngsverfahr­ens.

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