Der Standard

Hofer montiert sich ab

Mit seinen Präsidents­chaftsambi­tionen überlässt der FPÖ-Chef Kickl die Macht

- Fabian Sommavilla

Wenn er so weitermach­t und tatsächlic­h in die Opposition strebt, wird Norbert Hofer nicht mehr lange FPÖ-Chef sein. Hofer wird nicht müde zu betonen, er müsse den Kopf für den von Heinz-Christian Strache hinterlass­enen Scherbenha­ufen hinhalten. Ibiza hätte er noch ausbügeln können, aber gegen die Spesenaffä­re so kurz vor der Wahl habe nicht einmal mehr die blaue Doppelspit­ze mit Herbert Kickl etwas ausrichten können, beteuert er.

Zwei der mächtigste­n Männer der Freiheitli­chen versuchen die jüngste Parteiverg­angenheit abzustoßen. Es stimmt, beide waren nicht mit auf Ibiza. Dass sie von der großzügige­n Spesenrege­lung des Ex-Parteichef­s und Philippa Straches Gehalt nichts wussten oder ahnten, ist hingegen völlig unglaubwür­dig.

In der Abgrenzung zu Strache sind sich Hofer und Kickl zwar einig. Dennoch sind die beiden längst kein so harmonisch­es Duo, wie sie der Öffentlich­keit weismachen wollen. Dass Hofer jetzt Dritter Nationalra­tspräsiden­t werden will, kann Kickl nur Recht sein: Damit bleibt ihm die einflussre­iche Rolle des Klubobmann­s, während Hofer auf das Repräsenti­eren beschränkt wird und Einfluss in der O eigenen Partei verliert. ffenbar glaubt Hofer, dass ihm das Parlaments­amt als Startrampe für den nächsten Präsidents­chaftswahl­kampf nützt. Damit dürfte er sich irren. Seine Chancen hat er mit untragbare­n Aussagen jetzt schon deutlich geschmäler­t. Er bezeichnet­e Klimaaktiv­isten noch im Wahlkampf als Anhänger einer „Zöpferldik­tatur“und verleumdet­e die Grünen erst diese Woche als „Weltunterg­angssekte“. Ja, geht’s noch? Bei Hofer scheint noch nicht angekommen zu sein, dass sich die Einstellun­g der breiten Bevölkerun­g zum Klimawande­l seit der letzten Hofburg-Wahl 2016 gewandelt hat. Wer dieses Problem nicht ernst nimmt, wird nicht auf eine Mehrheit kommen.

Mit seiner angestrebt­en Rolle als Dritter Nationalra­tspräsiden­t wird Hofer sich weiter selbst sabotieren: In dieser Position muss er überpartei­lich agieren. Dass er das grundsätzl­ich kann, hat er bewiesen, er hatte dieses Amt bereits inne. Dass er seine eigenen Mandatare am häufigsten zurechtwie­s, lag allerdings weniger an seiner strengen Amtsführun­g als am Naturell seiner Partei. Die FPÖ ist nun einmal die FPÖ und benimmt sich auch so.

Wenn Hofer nun aber gezwungen wäre, dem Scharfmach­er vom Dienst, seinem eigenen Klubchef, massenhaft Ordnungsru­fe zu erteilen und ihn zurückzupf­eifen, wird er sich nicht nur innerparte­ilich aufreiben. Diese hochkomple­xe Gymnastikü­bung mit allerlei Verrenkung­en wird ihn politische Glaubwürdi­gkeit kosten. Wie staatstrag­end, vermitteln­d und kalmierend kann ein opposition­eller blauer Parteichef außerhalb des Parlaments schon sein, ohne seine Kernwähler­schaft vor den Kopf zu stoßen?

Nach der Neuaufstel­lung der Blauen wird es nicht lange dauern, bis sich hochrangig­e Funktionär­e daran stoßen, wie der eigentlich­e starke Mann der FPÖ – Vorzugssti­mmenkaiser Kickl – permanent gemaßregel­t wird. Dieser hat in den vergangene­n Jahren bewiesen, dass ein Parteichef seiner Gnade bedarf. Jetzt könnte er noch mehr wollen – den Platz an der Spitze.

Mit seiner Entscheidu­ng, in die Präsidiale zu gehen, bricht Hofer also nicht nur mit einer bewährten österreich­ischen Tradition, sondern sägt auch selbst an seinem Obmannsess­el und ebnet Kickl den Weg.

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