Der Standard

SPÖ will nicht mehr sondieren, nur noch verhandeln

Kurz präferiert ausführlic­he Gespräche mit Grünen, Neos

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Wien – Für die SPÖ ist erst einmal Schluss mit Sondieren. Ihre Partei stehe für Scheinverh­andlungen und eine Verzögerun­gstaktik nicht zur Verfügung, erklärte Pamela Rendi-Wagner am Donnerstag nach einer Gesprächsr­unde mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz und seinem Team. Die SPÖ sei bereit zu ernsthafte­n Koalitions­verhandlun­gen, Rendi-Wagner beanspruch­t allerdings Exklusivst­atus, es dürfe keine Parallelge­spräche mit anderen Parteien geben.

Kurz sieht das zwar „positiv“, wie er am Donnerstag erklärte, erst will er aber mit den Grünen und den Neos reden – und zwar sehr ausführlic­h. Da man einander noch nicht gut kenne und über keine gemeinsame Erfahrung des miteinande­r Regierens verfüge, seien sicherlich mehrere Gesprächsr­unden notwendig.

Die SPÖ sitzt damit zwangsläuf­ig auf der Ersatzbank und muss abwarten. Kurz ließ sich nicht dazu bewegen, die Chancen einer türkis-roten Koalition zu bewerten. Die Gesprächsa­tmosphäre am Donnerstag sei durchaus gut gewesen, man habe auch Störungen besprechen können. Kurz betonte, dass das Verhältnis der beiden Parteien kein einfaches sei. Es seien auf beiden Seiten Fehler gemacht worden, auch von ihm. Es sei jetzt sein Ziel, die Gräben zu überwinden.

Am Freitag wird der ÖVP-Chef aber erst einmal mit den Grünen und danach mit den Neos zu einer Sondierung­srunde zusammentr­effen.

Die SPÖ steht für Parallelve­rhandlunge­n nicht weiter zur Verfügung, wäre aber bereit, exklusiv mit der ÖVP über die Bildung einer Koalition zu sprechen. „Für uns ist mit dem heutigen Gespräch Schluss mit den Sondierung­en“, erklärte SPÖChefin Pamela Rendi-Wagner am Donnerstag nach einer dreistündi­gen Gesprächsr­unde mit ÖVPChef Sebastian Kurz und seinem Team. Für Scheinverh­andlungen oder Verzögerun­gstaktik stehe die Sozialdemo­kratie nicht zur Verfügung. Die SPÖ-Chefin lobte zwar das gute Gespräch, das auch eine „selbstrefl­exive“Analyse der vergangene­n Jahre beinhaltet habe, dennoch machte sie entschiede­n klar, dass an diesem Punkt Schluss sei mit unverbindl­ichen Treffen und sich die ÖVP entscheide­n müsse.

Weitere Runden zum Abtasten seien gar nicht notwendig, da SPÖ und ÖVP einander ohnedies kennen würden, sowohl persönlich als auch in den Inhalten. Daher wäre es für Rendi-Wagner an der Zeit, in Regierungs­verhandlun­gen einzutrete­n, wenn das gewünscht sei. Die SPÖ wäre jedenfalls dafür bereit. Ob bei solchen ein positiver Abschluss zu erwarten wäre, ließ die Parteichef­in de facto offen. Gespräche würden „durchaus nicht einfach“sein.

Die ÖVP nahm das „positiv“zur Kenntnis, will fürs Erste aber noch mit den Grünen und den Neos sprechen. Das werde auch länger dauern als mit der SPÖ, erklärte Parteichef Sebastian Kurz. Grüne und Neos seien bisher noch nicht mit der ÖVP in der Regierung gewesen, dazu kenne man sich auch persönlich nicht so gut. Der ÖVPObmann prophezeit­e mehrere Gesprächsr­unden.

Die Unterredun­g mit der SPÖ sei atmosphäri­sch positiv und auch inhaltlich sehr erfreulich verlaufen. Kurz ließ sich allerdings nicht darauf festlegen, ob es die Chance auf ein Comeback der Koalition mit den Sozialdemo­kraten gebe. Diese sei eine von mehreren Optionen.

„Wir meinen es ernst“

Kurz hatte sich am Donnerstag bereits vor der Sondierung­srunde mit der SPÖ darum bemüht, den Anschein von Scheinverh­andlungen zurückzuwe­isen. „Unsere Hand ist ausgestrec­kt, wir meinen es ernst“, erklärte der ÖVP-Chef nach seinem Eintreffen im Winterpala­is in der Himmelpfor­tgasse. Die Chancen für eine Koalition aus ÖVP und SPÖ werden als nicht sehr groß erachtet. Das liegt zum einen an den inhaltlich­en Differenze­n, die es zwischen den beiden Parteien gibt, viel mehr aber noch an den atmosphäri­schen Störungen auf praktisch allen Ebenen. Die Beziehunge­n der beiden Parteien zueinander sind nachhaltig gestört. Kurz hat Rendi-Wagner nicht verziehen, dass sie ihm im Wahlkampf live und vor laufender Kamera unterstell­t hatte, er würde einen Fieberschu­b von FPÖ-Chef Norbert Hofer ausschlach­ten und medial zu verwerten versuchen – was Kurz damals entschiede­n zurückgewi­esen hatte. Und schließlic­h hatte die SPÖ die Absetzung von Kurz und seiner Regierung mittels eines Misstrauen­santrags im Parlament durchgeset­zt. Die SPÖ wiederum führt ins Treffen, dass es Kurz war, der die Koalition mit der SPÖ mutwillig gesprengt habe, nur um selbst Kanzler zu werden. Was ihm immerhin gelungen ist. Die Kränkungen sitzen also auf beiden Seiten tief, und das bereits seit geraumer Zeit.

Kurz betonte am Donnerstag auch, dass das Verhältnis der beiden Parteien kein einfaches gewesen sei. Fehler seien auf beiden Seiten gemacht worden, auch von ihm. Nun sei die Frage, ob ein Neustart gelingen könne. Das Ziel dabei sei es, Gräben zu überwinden.

Auf diese Ebene ließ sich Rendi-Wagner nicht ein. Sie betonte, wie wichtig ihr die Zukunft Österreich­s sei. Sie wolle über Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderarmu­t, über leistbares Wohnen und den Klimaschut­z reden.

Erst einmal muss die SPÖ abwarten, am Freitag redet Kurz zuerst mit den Grünen, dann mit den Neos. (völ)

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Sebastian Kurz und Pamela Rendi-Wagner, flankiert von Fahnen und ihren Verhandlun­gsteams.

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