Der Standard

U-Haft für Josef B.

Der 58-jährige Österreich­er, der im Fall einer isolierten Familie in den Niederland­en eine zentrale Rolle gespielt haben dürfte, bleibt vorerst einmal für 14 Tage in Haft. Mittlerwei­le wird auch in Österreich ermittelt.

- Kerstin Schweighöf­er aus Den Haag

Über den Österreich­er, der im Fall einer isolierten Familie in den Niederland­en im Zentrum steht, wurde U-Haft verhängt.

Er guckt nach rechts, einen verträumte­n Blick in den Augen. Baseballka­ppe, langer Kinnbart und noch längere, leicht gewellte hellbraune Haare: So präsentier­t sich Jan D., eines der sechs Kinder der Familie, die zusammen mit dem Österreich­er Josef B. völlig isoliert auf einem Bauernhof im niederländ­ischen Ruinerwold gelebt haben soll, auf seinem Facebook-Account. Jan D. war auch auf Twitter- und Linkedin aktiv. Er berichtete von seinem neu gegründete­n Webshop und dem Logo, mit dem er sehr zufrieden sei. Aber auch von Greta Thunberg und dem weltweiten Klimastrei­k vom 27. September.

So weltfremd kann er also nicht gewesen sein. Auch in der echten Welt war er unterwegs, beweist ein Foto von Tannenzwei­gen vor einem knallblaue­n Himmel. Es gibt auch Selfies und Aufnahmen von Ruinerwold.

War Jan D. wirklich geflüchtet, als er Sonntagabe­nd in der Dorfkneipe de Kastelein auftauchte und der Wirt die Polizei alarmierte? Wurde er zusammen mit Vater und Geschwiste­rn tatsächlic­h gegen seinen Willen auf dem Bauernhof festgehalt­en, in „provisoris­ch eingericht­eten Räumen“, wie der Bürgermeis­ter sagte? Und ist Josef B., „de Oostenrijk­er“, der Mann, der ihn dort einzusperr­en versuchte?

Der 58-jährige gebürtige Oberösterr­eicher war am Montag wegen Freiheitsb­eraubung und „Schädigung der Gesundheit anderer“, so die Staatsanwa­ltschaft, festgenomm­en worden. Am Donnerstag wurde über ihn Untersuchu­ngshaft für die Dauer von 14 Tagen verhängt.

Und in Österreich ermittelt das Landeskrim­inalamt Oberösterr­eich auf Ersuchen des Außenminis­teriums weitere Informatio­nen zum Verdächtig­en. Bislang bekannt ist, dass er in Waldhausen im Bezirk Perg geboren wurde und ein in Pabneukirc­hen geerbtes Haus 1983 verkauft hat, bevor er nach Wien zog.

Die niederländ­ische Polizei, die mit einem 25-köpfigen Sonderteam ermittelt, hat den Bauernhof in Ruinerwold am Donnerstag nochmals gründlich durchsucht und alle Räume gefilmt und fotografie­rt. Weitere Durchsuchu­ngen fanden in zwei Gebäuden im Nachbarort Zwartsluis statt. In einem davon befand sich das Spielzeugg­eschäft Natural Games, das Jans Vater Gerrit Jan D. zusammen mit Josef B. geführt haben soll. Beim anderen soll es sich um den Holzhandel des Österreich­ers handeln. Zu seinen Mitarbeite­rn zählte auch Jan D., das jedenfalls erzählte der junge Mann in den sozialen Medien.

Wie der Lokalsende­r RTV Drenthe erfahren haben will, gehören sowohl Josef B. als auch der Vater und seine sechs Kinder einer umstritten­en religiösen Bewegung an. Die Tageszeitu­ng AD meldete hingegen, der Vater habe vor 30 Jahren den niederländ­ischen Zweig der Bewegung verlassen müssen, „weil er so verrückte Ideen“hatte. Das sagt zumindest der Neffe von Gerrit Jan D., der laut eigenen Angaben noch immer Mitglied ist.

Angeblich weitere Kinder

Offiziell bestätigt wurde bislang nichts. Die niederländ­ische Polizei ist äußerst zurückhalt­end mit Informatio­nen. Auf Spekulatio­nen und Vermutunge­n wird nicht eingegange­n. Kommentier­t wurde daher auch nicht der Bericht von RTV Drenthe, Gerrit Jan D. hätte noch drei Töchter, deren Aufenthalt­sort unbekannt sein soll. Um dem Ansturm der Journalist­en und Kamerateam­s gewachsen zu sein, die inzwischen sogar aus Neuseeland angerückt sind, hat die Exekutive eine englische Website mit neuesten Informatio­nen ins Netz gestellt. Doch die lassen auf sich warten. TV-Tagebuch Seite 30

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In Ruinerwold, der 4000-Einwohner-Gemeinde, ist seit dieser Woche vieles anders als zuvor.

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