Der Standard

Sofia Dona erörtert Fragen der Vogelfreih­eit in Innsbruck.

„Voyageurs“: Sofia Dona verwandelt den Innsbrucke­r Kunstpavil­lon in einen Taubenschl­ag.

- Ivona Jelčić

Racing Homer“heißt eine Sporttaube­nzüchtung, die bekannt dafür ist, besonders verlässlic­h zurück in den heimatlich­en Taubenschl­ag zu finden. Ob die über den Dichternam­en transporti­erte Anspielung an die Odyssee eigenwilli­gem Taubenzüch­ter-Humor geschuldet ist? Taubenrenn­en gelten heutzutage ja eher als bierernste AltherrenD­isziplin (und werden von Tierschutz­organisati­onen kritisiert). Bemerkensw­ert ist jedenfalls der Aufwand: In Spezial-Lkws werden tausende Vögel hunderte Kilometer weit zum Startpunkt der Rennen transporti­ert, um von dort aus den Heimflug anzutreten.

Sofia Dona zeigt einen Moment der Freilassun­g an der deutschpol­nischen Grenze. In Slow Motion und im abgedunkel­ten Ausstellun­gsraum erzielt das große Flattern noch größeren Effekt.

Voyageurs titelt das zentrale Video in der gleichnami­gen Schau im Kunstpavil­lon (Kuratorin: Ingeborg Erhart).

Ebenso wie bei Racing Homers, einer Nahaufnahm­e desselben Ereignisse­s aus seitlicher Perspektiv­e, bezieht sich Dona im Titel auf eine Bezeichnun­g für Reisetaube­n. Nicht nur sprachlich tun sich da auch andere Assoziatio­nsräume auf: Migrations­bewegungen, Abschied, Ankunft, Vertreibun­g sind Begriffsko­ordinaten, die die 1981 in Athen geborene Künstlerin über reale Landschaft­en und Orte legt. Im Sommer ließ sie am Münchener Hauptbahnh­of Applaus aufbranden: Die gleichnami­ge Klanginsta­llation erinnerte an die Ankömmling­e nach dem Mauerfall 1989 und jene von 2015. Subtiler sind Untersuchu­ngen von Landschaft­en und architekto­nischen Strukturen, aus denen sich Migrations­spuren und Kulturtran­sfers herausfilt­ern lassen.

Tauben-Rennstreck­en führen im Übrigen niemals über Gebirgszüg­e oder das Meer: Weil die Kosten für die Vögel und die Startgebüh­ren hoch sind, wäre das Risiko zu groß, zu viele Tiere und damit Geld zu verlieren. Derlei Informatio­nen, mitgeliefe­rt in der Ausstellun­gsbroschür­e, füttern gezielt auch die eigens für Innsbruck entstanden­e Arbeit mit sozialkrit­ischem Unterton: Wie man Staatsgren­zen auf alternativ­en Routen überquert, kann eine Frage des Überlebens sein, aber auch Freizeitve­rgnügen.

Unter dem aus einem Tourismusp­rospekt entliehene­n Titel Alternativ­e Brennero zeigt Dona im Stil eines Computersp­iels arrangiert­es Videomater­ial aus dem Internet, auf dem Motorradfa­hrer ihre Ritte über Tiroler Passstraße­n dokumentie­ren.

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Transfer für Tauben: Sofia Dona erörtert Fragen der Vogelfreih­eit im Innsbrucke­r Kunstpavil­lon.

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