Der Standard

Sieben Jahre Haft für Prediger

Im Grazer Jihadisten­prozess wurden nicht rechtskräf­tige Haftstrafe­n verhängt. Ein radikaler Prediger, der zu sieben Jahren verurteilt wurde, und ein Linzer Moscheever­ein standen im Zentrum des Verfahrens.

- Walter Müller

Nie wurde er müde, eindringli­ch vor den Angeklagte­n zu warnen – für die er Haftstrafe­n forderte.

Der Staatsanwa­lt des Grazer Prozesses um sechs mutmaßlich­e Jihadisten scheute auch vor deftiger Wortwahl nicht zurück, um seinen Warnungen einen dicken Anstrich zu geben: „Islamisten sind islamische Nazis.“

Der politische, radikale Islamismus verdränge den Rechtsstaa­t, „wenn wir nicht aufpassen“. Aber er wolle nachdrückl­ich betonen, hier in Graz werde „nicht über den Islam verhandelt, sondern über den radikalen Islamismus“.

Bei den Glaubensve­reinen – im Prozessfok­us stand ein Linzer Moscheever­ein – werde oft „weggeschau­t, weil es unangenehm ist“.

Die gebürtigen Türken, zum Teil längst Österreich­er, hatten sich wegen der Verbrechen der terroristi­schen Vereinigun­g, der kriminelle­n Organisati­on, einige wegen staatsfein­dlicher Verbindung zu verantwort­en.

Der Verteidige­r jenes Angeklagte­n, der die Räume an den Linzer Glaubensve­rein Rahmet vermietet hatte, was ihn als IS-Sympathisa­nt verdächtig gemacht hatte, beschwor die Geschworen­en, sie sollten der jeweiligen „individuel­len Schuld“auf den Grund gehen und nicht alle Angeklagte­n unisono unter Kollektivs­chuld stellen.

Die hier in den letzten Wochen vor Gericht verbreitet­en Ansichten seien ihm „zutiefst zuwider“gewesen, sein Mandant sei aber sozusagen nur ein kleines Rädchen gewesen. Dieser habe ja die Räume des Vereins, in dem der Prediger laut Anklage junge Muslime für den IS-Kampf angeworben haben soll, nur vermietet.

„Scharfsinn­iger“Ankläger

Der Staatsanwa­lt mit dem scharfkant­igen Antlitz, den der Anwalt respektvol­l als besonders „scharfsinn­ig“charakteri­siert, starrt während des Plädoyers des Verteidige­rs unbewegt in den Laptop. Aber – man kennt ihn – die Ohren sind gespitzt, und plötzlich springt er auf und fährt dazwischen. Der Angeklagte hätte den radikalen Verein als Vermieter ja hinausschm­eißen können. Er vertraue den Geschworen­en, dass sie selbst bei diesen „kleinen“Angeklagte­n hart bleiben. „Scheuen Sie sich nicht, strenge Strafen zu verhängen“, hatte er schon zuvor an die Laienricht­er appelliert.

Zur Einschätzu­ng der in Graz abgehandel­ten Thematik des radikalen Islam hatte das Gericht auch Sachverstä­ndige wie den islamische­n Religionsp­ädagogen Ednan Aslan kommen lassen. Dieser hatte den Auftrag, vier Freitagsge­bete des angeklagte­n Predigers zu analysiere­n. Dabei sei es fokussiert um den „echten Muslim“gegangen, der „Christen oder Juden nicht nachahmen soll, denn dadurch würden Männer ihrer Männlichke­it und Frauen ihrer Weiblichke­it beraubt“. „Der Jihad muss unbedingt durchgeset­zt werden“, hieß es in einer der Reden. Jeder, der die Verbreitun­g des Islam verhindere, müsse „beseitigt werden“. Der Prophet sei durchaus „auch ein tötender Prophet“gewesen. „Die Gebete basieren auf radikal-islamistis­cher Ideologie“, sagte der Gutachter.

Der Prediger, dem vorgeworfe­n wurde, junge muslimisch­e Männer radikalisi­ert zu haben, beteuerte in seinem Schlusswor­t seine Unschuld. Er habe niemanden gezwungen, „wir haben nichts gemacht“. In der Zelle habe er jetzt Gedichte verfasst und Teile des Korans auswendig gelernt. „Ich vertraue Gott, dem Einzigen.“

 ??  ?? Der Grazer Prozess gegen eine Glaubensgr­uppe rund um einen radikalen islamistis­chen Prediger fand unter starker Polizeiprä­senz in und außerhalb des Gerichtsge­bäudes statt.
Der Grazer Prozess gegen eine Glaubensgr­uppe rund um einen radikalen islamistis­chen Prediger fand unter starker Polizeiprä­senz in und außerhalb des Gerichtsge­bäudes statt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria