Die Ghanaerin und der Milliardenkonzern
Louis Vuitton strengte Markenschutzprozess gegen 28-Jährige an, die gefälschte Tasche verkaufte
Wien – Produktfälschungen sind ein gutes Geschäft, wenn man der europäischen Polizeiagentur Europol glaubt. 2,5 Prozent des weltweiten Handels würden mit nachgemachten Luxusartikeln, Zigaretten, Lebensmitteln, Medikamenten, Nahrungsmitteln und Mode gemacht. Umgerechnet 417 Milliarden Euro Umsatz werden so gemacht. In der EU sei der Anteil am gesamten Warenhandel mit rund fünf Prozent noch höher.
Bei manchen dieser Delikte geht es potenziell um Menschenleben, etwa wenn wirkungslose Arzneien auf den Markt kommen oder technische Ersatzteile von minderer Qualität sind. In anderen Fällen geht es lediglich um die Markenrechte der Originalproduzenten – wie im Fall der Privatanklage von Louis Vuitton Malletier gegen die 28-jährige Mabel A., die vor Richterin Minou Aigner sitzt.
Zwischen 300 und 800 Euro verdiene sie im Monat in einer kleinen Boutique in Wien, erzählt die unbescholtene Angeklagte aus Ghana. Der Klägerseite geht es besser: Der Nettogewinn des französischen Mutterunternehmens LVMH stieg 2018 um 18 Prozent auf rund 6,4 Milliarden Euro. Das bescherte auch den Aktien einen Höhenflug und brachte Unternehmenschef Bernard Arnault, der 47 Prozent der Anteile hält, auf Platz drei der reichsten Menschen weltweit. Laut der Liste der Nachrichtenagentur Bloomberg besitzt er 96 Milliarden Euro.
Doch zurück in das Wiener Straflandesgericht. Richterin Aigner weiß bereits, dass das Verfahren mit einem Freispruch enden wird. Denn Louis Vuitton vertraut nicht nur auf Strukturermittlungen der Exekutive, um die Hintermänner der Fälschernetzwerke zu enttarnen, sondern stellt auch eigene Nachforschungen an. „Mystery Shopper“werden in Geschäfte geschickt, um Falsifikate zu entdecken. Es folgt eine Anzeige bei Gericht, die zurückgezogen wird, wenn sich die Angeklagten zu einem Vergleich bereiterklären.
Im Fall von Frau A. ist das so. Um 25 Euro hat sie eine Taschenkopie an einen Lockvogel verkauft. Nun ist sie zu einem Vergleich bereit, wie ihre Verteidigerin Sabine Riehs ankündigt. Die Louis-Vuitton-Anwältin übergibt eine Kopie des Schriftstücks an die Richterin, damit diese die Vereinbarung im Protokoll festhalten kann. Frau A. verspricht, in sieben Raten 3500 Euro zu zahlen und die Anwalts- und Gerichtskosten in Höhe von 440 Euro zu übernehmen. Da die Privatanklage daraufhin zurückgezogen wird, spricht Aigner A. rechtskräftig frei.