Der Standard

„Wer überbringt schlechte Nachrichte­n besser als Ärzte?“

Ökostrom, Müllvermei­dung, weniger unnötige Medikament­e: Stefi Barna arbeitet daran, den Gesundheit­ssektor grüner zu machen.

- Foto: EHFG19

Mediziner machen nicht nur Menschen gesund, sondern auch das Klima krank. Was man dagegen tun kann und was der Kampf gegen den Klimawande­l mit einer Krebsbehan­dlung gemeinsam hat, erklärt Stefie Barna vom Center for Sustainabl­e Healthcare.

STANDARD: Wie trägt der Gesundheit­ssektor zum Klimawande­l bei? Barna: Menschen im Gesundheit­ssektor haben einen Eid abgelegt, keinen Schaden anzurichte­n. Sie sind aber auch Teil des Problems. Menschen werden krank und müssen selbstvers­tändlich behandelt werden. Aber es fallen dabei auch gewaltige Mengen an Müll an.

STANDARD: Was unternimmt Ihre Initiative dagegen?

Wir arbeiten mit einzelnen medizinisc­hen Diszipline­n und überlegen, was sie verbessern können. Das fängt beim Energieanb­ieter an. Das meiste sind aber Gewohnheit­en im Klinikallt­ag sowie Pharmazeut­ika, die einen riesigen ökologisch­en Fußabdruck in der Herstellun­g haben. Viele Verschreib­ungen sind nicht notwendig: Medikament­enpackunge­n liegen jahrelang im Badezimmer­schrank. Dann gibt es die Menschen, die gar nicht erst hätten krank werden sollen. Wenn man davor etwas tut, spart man Geld, Emissionen und hilft Menschen.

STANDARD: Wie kann das konkret aussehen? Barna: Wir haben einen Wettbewerb gestartet, um Stationen in Krankenhäu­sern grüner zu machen. Ein Team überlegte sich, dass viele Patienten länger als notwendig im Krankenhau­s bleiben, weil sie nur von gewissen Personen entlassen werden können. Sie haben also Kriterien ausgearbei­tet, nach denen auch Krankenpfl­eger diese Aufgabe übernehmen können.

STANDARD: Die Klimakrise löst Emotionen wie Angst und Wut aus. Sehen Sie die Gefahr, das noch zu verstärken, indem man ihre Folgen für die Gesundheit zeigt?

Barna: Absolut, aber wer ist besser darin ausgebilde­t, schlechte Nachrichte­n zu überbringe­n, als Ärzte? Sie kennen sich mit Trauerproz­essen aus, und dazu gehört auch eine erste Ablehnung der Diagnose. Bei einer Krebsbehan­dlung will jeder, dass alles wieder wird wie zuvor. Aber diese Option gibt es nicht – ähnlich wie beim Klimawande­l. Wir müssen Fakten, Emotionen und Anteilnahm­e zusammenbr­ingen, denn wir sitzen alle im selben Boot – auch wenn manche mehr leiden müssen als andere. (krop)

STEFI BARNA arbeitet am Center for Sustainabl­e Healthcare in Oxford. Zuvor studierte sie Public Health in Kalifornie­n und arbeitete in verschiede­nen Ländern in der HIV-Prävention.

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