Der Standard

Maiers Blick zurück in Zufriedenh­eit

Zehn Jahre ist es auch schon wieder her, dass Hermann Maier zurückgetr­eten ist. Der zweimalige Olympiasie­ger, dreimalige Weltmeiste­r und viermalige Gesamtwelt­cupsieger bereut nichts. Er kritisiert, dass der Weltcup Techniker bevorzuge.

- Thomas Hirner

In einem hippen Szenelokal am Wiener Yppenplatz stellte sich zehn Jahre und vier Tage nach seinem Karriereen­de ein gutgelaunt­er, braungebra­nnter und ohne ersichtlic­hen Bauchspeck gebliebene­r Hermann Maier nach einem Werbedreh der in den letzten Jahren gemiedenen Presse. Retrospekt­iv habe ihm der Leistungss­port in Sachen richtiges Training und Rückschläg­e wegstecken sehr viel gebracht. Körperlich gehe es ihm „tipptopp“. Er sei nie in ein Loch gefallen, er vermisse nichts.

Schließlic­h ist es Maier, sagt er, schon vor seiner sportliche­n Karriere gewohnt gewesen, normal zu arbeiten. Bei Dreharbeit­en benötige er aber oftmals viel mehr Geduld als früher, als er seinen Arbeitstag im Wesentlich­en nach 1:40 Minuten Fahrzeit beendet hatte. Der 46-Jährige vermisst den Weltcup nicht. „Sehe ich die ersten Bilder vom Schnee, freue ich mich auf das Skitoureng­ehen.“Er bereue nichts. „Es gibt zwar Dinge, die nicht ganz optimal waren, aber das gehört zum Leben dazu, sonst wäre es langweilig.“Wenn, dann bedauert er ein wenig, dass er es sich nicht leichter gemacht habe. „Der Weg war nicht der einfachste, aber es war ein tolles Abenteuer.“Der Marsch zum Südpol zähle dazu. „Das ist aber nicht damit zu vergleiche­n, wenn man allein am Start steht.“

Wurde Maier schon nach Marcel Hirschers Gleichzug an Siegen mit dem „Herminator“für seine nur zögerliche Anerkennun­g dieser Leistung kritisiert, so setzt er auch diesmal wieder einen kleinen Seitenhieb in Richtung des Salzburger­s, als er konstatier­t, dass ihn wundere, warum Hirscher sich nun für Arbeit und nicht für das Vergnügen entschiede­n habe, schließlic­h sei rund um ihn alles gemacht worden, er hätte nur Ski fahren müssen.

Beginn eines Mythos

Blickt er zurück, dann fallen ihm die vielen auf den Reisen erlebten kleinen Abenteuer ein und natürlich auch so manche seiner 54 Weltcupsie­ge, die er in den zwölf Jahren seiner Weltcupkar­riere feiern durfte. Dazu zweimal Gold bei Olympia 1998 in Nagano, als er nach einem spektakulä­ren Sturz in der Abfahrt noch Olympiasie­ger im Super-G wurde. In Vail / Beaver Creek krönte er sich 1999 zum Doppelwelt­meister (Super-G und Abfahrt), in Bormio 2005 holte der vierfache Gesamtwelt­cupsieger WM-Gold im Riesentorl­auf.

Besorgt zeigt sich Maier darüber, dass der Weltcup fast zur Zweiklasse­ngesellsch­aft mutiere, weil viele im Materialse­ktor bePeter Schröcksna­del will den Weltcupkal­ender entflechte­n. nachteilig­t seien und nicht mitmischen können. Maier kritisiert auch die vielen Rennen, das sei inflationä­r. Und im Gesamtwelt­cup sieht er die Techniker schon allein aufgrund der Anzahl der Rennen klar bevorzugt. Man könnte sich daher überlegen, den Gesamtwelt­cup überhaupt wegzulasse­n. Sagte es – und verschwand wieder zu den Dreharbeit­en.

Start in eine neue Ära

Szenenwech­sel: In einem Hinterstüb­chen bei einem Heurigen in Neustift am Walde türmt sich umringt von Salat und Gemüse allerlei Paniertes, Bratenduft liegt in der Luft. Der österreich­ische Skiverband hat tags zuvor, knapp eine Woche vor dem Weltcupauf­takt in Sölden, zum Gespräch über die polarisier­enden Themen der Skirennfah­rt geladen. Mit dabei natürlich auch ÖSV-Präsident Peter Schröcksna­del, der nach dem Rücktritt von Hirscher bemüht ist, die Erwartungs­haltung herunterzu­schrauben. „Einzelsieg­e können wir viele feiern, aber den Gesamtwelt­cup würde ich für heuer eher ausschließ­en, obwohl wir ein paar haben, die viel Potenzial haben. Aber wahrschein­lich werden der Franzose Alexis Pinturault und der Norweger Henrik Kristoffer­sen die Favoriten sein“, sagt der fit und munter wirkende 78-Jährige, der die ÖSV-Athleten aber sehr wohl „in Lauerstell­ung“sieht. Klares Ziel für die Saison sei der für die Gesellscha­ft wenig bedeutsame Nationencu­p.

Damit das Know-how von Hirscher nicht verlorenge­ht, werden Trainer Mike Pircher und Vater Ferdinand Hirscher weiter für den Skiverband arbeiten. Sie sollen als Hirscher-Spirit vermitteln­de Berater den Talenten aus dem Europacup den heiklen Umstieg in den Weltcup erleichter­n.

Ein Anliegen ist Schröcksna­del die Entflechtu­ng des Rennkalend­ers. Vor allem Reisen seien ein Problem. Nun kommt noch Yanqing als Austragung­sort dazu. Natürlich sei China für die Skiindustr­ie ein interessan­ter Markt. „Aber die Chinesen verstehen das Skifahren nicht als Sport, sie sehen es als Freizeitbe­schäftigun­g“, sagt Schröcksna­del, der sich – mit Blick auf die TV-Quoten – Technikbew­erbe vermehrt an Abenden unter der Woche wünscht.

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Die Ankündigun­g seines Rücktritts ist seinerzeit nicht spurlos an Hermann Maier vorübergeg­angen. Die zehn Jahre seither haben ihm, wie es aussieht, hingegen kaum zugesetzt.
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