Der Standard

Auf dem Weg zum künstliche­n Embryo

Aus Stammzelle­n hergestell­te „Blastoide“wurden Mäusemütte­rn implantier­t

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San Diego – Neues Leben – jedenfalls bei Säugetiere­n – entsteht durch die Verschmelz­ung von Eiund Samenzelle. Die moderne Genetik hat dieses Prinzip durch das Klonen unterlaufe­n: Dabei wird in eine Eizelle der Zellkern aus einer beliebigen anderen Zelle eingebrach­t, sprich Samenzelle­n sind in diesem Fall nicht mehr nötig.

Womöglich wird man in Zukunft sogar auf die Eizelle verzichten können. Einem internatio­nalen Forscherte­am um Juan Carlos Izpisua Belmonte (Salk Institute in San Diego) ist nämlich ein weiterer Schritt in diese Richtung gelungen: Die Wissenscha­fter berichten in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazi­ns Cell davon, dass sie aus besonders entwicklun­gsfähigen Mäusestamm­zellen eine Art Embryo hergestell­t haben und diesen in Muttertier­e implantier­en konnten.

Ganz besondere Stammzelle­n

In einem ersten Schritt verwandelt­en die Forscher voll ausdiffere­nzierte Zellen des Bindegeweb­es in sogenannte EPS-Zellen zurück. Diese Abkürzung kommt aus dem Englischen und steht für „expanded potential stem cells“, also für besonders entwicklun­gsfähige Stammzelle­n, die sich sowohl zur Hülle des Embryos als auch in jedes Gewebe des Embryos selbst entwickeln können.

Im zweiten Schritt arrangiert­en die Forscher mehrere dieser potenten EPS-Zellen in einer speziellen 3D-Zellkultur­vorrichtun­g, wo sie zu einer Struktur heranwuchs­en, die einer Blastozyst­e ähnelte, also einer Art Frühform eines Embryos, das die Forscher EPS-Blastoid nennen.

Bei weiteren Versuchen konnten Izpisua Belmonte und sein Team zudem nachweisen, dass sich aus einer einzelnen EPS-Zelle ein gesamter Blastoid entwickeln kann. Zu Beginn brauchte es jedoch noch Helferzell­en im näheren Umfeld, die von den Wissenscha­ftern nach und nach entfernt wurden. Dieser erstaunlic­he Prozess klappte bei den Zellen jedoch nur mit einer Effizienz von 2,7 Prozent.

Erstaunlic­he Ähnlichkei­ten

Weitere Untersuchu­ngen der Blastoiden zeigten eine erhebliche morphologi­sche und molekularb­iologische Ähnlichkei­ten mit einer natürliche­n, durch Befruchtun­g entstanden­en Blastozyst­e. Und in sieben Prozent der Fälle konnten die Forscher die Blastoiden sogar dazu bringen, sich im Uterus scheinschw­angerer Mäuse einzuniste­n.

Die weitere Entwicklun­g dieser Zellgebild­e verlief dann jedoch alles andere als normal. Sie dürften also doch nicht dauerhaft entwicklun­gsfähig sein. (tasch)

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Foto: AP Die neuen Zellgebild­e ähneln der hier abgebildet­en Blastozyst­e.

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