Der Standard

Sondierung­spalaver

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Nach dem ermüdenden Marionette­ntheater des Wahlkampfe­s nun also die Durststrec­ke erweiterte­r Sondierung­en. In einem Land, so unbelastet von allen Problemen wie Österreich, ist der Bedarf an einer durch Wahlen legitimier­ten Regierung nicht besonders dringlich.

Die Sondierung­serweiteru­ng ist bewusst angelegt als Galavorste­llung für Sebastian Kurz, die ermögliche­n soll, dass sich monatelang alles um ihn dreht und er sich so wenig wie möglich bewegen muss. Dabei wird so getan, als wären die im Parlament vertretene­n Parteien einander derart unbekannt, dass eine einmalige wechselsei­tige Sondierung ihres Wesens für die Aufnahme normaler Koalitions­verhandlun­gen keinesfall­s ausreiche. Beschlosse­n hat das Sebastian Kurz, und alle machen mit.

Das ist eine Farce zulasten des Staates. Die Programme der Parteien sind aus dem Wahlkampf bekannt, dito deren prinzipiel­le Koalitions­bereitscha­ft, ebenso wie die koalitionä­ren Sehnsüchte des Wahlsieger­s und deren Realisieru­ngsmöglich­keiten. Der würde am liebsten allein regieren oder mit der FPÖ, was fast auf dasselbe herauskäme. Ersteres geht sich ebenso wenig aus wie eine Koalition mit den sich aufdrängen­den Neos. Die Sozialdemo­kraten will er noch weniger als die Grünen, aber irgendeine Krot gilt es zu schlucken, um wieder Bundeskanz­ler zu werden.

Sondierung­sgespräche­n mit den Sozialdemo­kraten und den Neos haftet von vornherein wenig Glaubwürdi­gkeit an und noch weniger Sinn. Die Freiheitli­chen machen sich derzeit rar, mit der Aussicht späterer Verfügbark­eit. Es gibt also keinen sachlichen Grund, Koalitions­verhandlun­gen mit den Grünen sondierend hinauszuzö­gern. Die werden ohnehin lange und komplizier­t sein.

Er wolle bei den Sondierung­sgespräche­n Vertrauen schaffen, sagt Kurz. Wenn es um jenes geht, das ihm im Frühjahr vom Nationalra­t entzogen wurde, wird beim Sondieren außer dem Austausch von Höflichkei­ten nicht viel an politische­r Substanz herauskomm­en. Das weiß er ohnehin, wie aus dem Fahrplan herauszule­sen ist, den er im Kurier bekanntgab: „Dieser Prozess dauert Monate.“Er hofft, „dass wir nach einigen Wochen der Sondierung so weit sind, in Koalitions­verhandlun­gen eintreten zu können“. Da wird die Hoffnung auf eine Regierung zur Ankündigun­g ihrer Verschlepp­ung.

Es deutet einiges darauf hin, dass damit nur die Schamfrist verlängert werden soll, die schließlic­h in eine neuerliche türkis-blaue Koalition mündet. Der Kurz-Vertraute und Wirtschaft­skammerPrä­sident Harald Mahrer ließ Samstag im Mittagsjou­rnal des ORF keinen Zweifel daran, dass „die Wirtschaft“sich eine solche Regierung wünscht, und Kurz ist nicht gerade dafür bekannt, gegen deren Wünsche zu agieren. Eine solche Koalition sollte umso weniger ungustiös wirken, je mehr Gras bis zu ihrer Installier­ung über die internen Skandale der Freiheitli­chen gewachsen ist. Mit denen wird jetzt erst gar nicht sondiert. Das hätte wenig Sinn. Man kennt einander gut, und hat man einmal die beste Regierung gebildet, die Österreich je hatte, ist auch Vertrauen vorhanden. Warum dann nicht gleich?

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