Der Standard

Videobewei­s war überfällig

- Philip Bauer

Endlich, ist man geneigt zu sagen: Die österreich­ische Bundesliga beschloss am Donnerstag die Einführung des Videoassis­tenten (VAR). Im März 2021 ist es so weit, eineinhalb Jahre früher als geplant und trotzdem zu spät. In Sachen Fußball dauert hierzuland­e alles etwas länger. Das ist beim Videobewei­s nicht anders als beim Nationalst­adion. Vergleichb­are Ligen, wie jene der Schweiz oder von Tschechien, arbeiten bereits mit dem VAR. Fazit: Das Spiel wurde gerechter, die Schiedsric­hter revidieren manche Entscheidu­ngen und schlafen seither besser.

In Österreich verkommen die Spielleite­r derweil zum Freiwild. Ein Spieler sprach zuletzt über seine Sehnsucht, den Schiedsric­hter zusammenzu­grätschen. Drakonisch­e Strafe? Mitnichten: Die Sperre von zwei Spielen bedingt gleicht einem Freibrief. Die Unparteiis­chen wünschen sich mehr Schutz vor Untergriff­en, also auch vor Fehlentsch­eidungen. Der VAR ist diesbezügl­ich ein geeigneter Schritt, ohne Videobewei­s sind Irrtümer vorprogram­miert. Wie soll der Schiedsric­hter eine Situation erfassen, die der Zuseher erst nach der vierten Zeitlupe einschätze­n kann? Warum soll der wichtigste Akteur für die Beurteilun­g einer Spielszene über die schlechtes­te Grundlage verfügen? Das Ungleichge­wicht sorgt zwangsweis­e für Konflikte.

Eine der markantest­en Episoden der Fußballges­chichte entstand just durch einen Schiedsric­hterfehler. Diego Maradona bugsierte bei der Weltmeiste­rschaft 1986 den Ball mit der Hand ins englische Tor. Der Chuzpe nicht genug, sprach das kleine Schlitzohr anschließe­nd von der Hand Gottes. Von den einen wurde Maradona gefeiert, von den anderen verachtet. So oder so, La mano de Dios ist ein Stück Kulturerbe – ein Erbe, das mit dem VAR nicht mehr entstehen könnte. Der Videoassis­tent hätte den Treffer in wenigen Sekunden zur Randnotiz gemacht. Das ist irgendwie schade. Aber vor allem ist es notwendig.

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