Der Standard

Was das Gehen über das biologisch­e Alter verrät

Im Rahmen einer langfristi­gen Studie werden rund 1000 Neuseeländ­er, die vor 47 Jahren geboren wurden, regelmäßig untersucht. Ihre aktuelle Geschwindi­gkeit beim Gehen erwies sich als höchst aufschluss­reich.

- Klaus Taschwer

Gehen ist uneingesch­ränkt gut für die Gesundheit. Viele Menschen lassen sich daher mittels smarter Uhren oder Schrittzäh­lern daran erinnern, dass wieder Bewegung angebracht wäre. Das Gehen – genauer: das Gehtempo – gibt umgekehrt aber auch Auskunft über unser „biologisch­es Alter“, wie nun eine Forschergr­uppe um Line Jee Hartmann Rasmussen (Duke University) herausgefu­nden hat.

Solche Zusammenhä­nge sind vor allem für das fortgeschr­ittene Alter gut untersucht: So deutet ein unsicherer Gang bei Senioren oftmals auf neurodegen­erative Erkrankung­en hin. Das Besondere an der neuen Studie ist, dass das Gehtempo anscheinen­d auch schon bei Personen im Alter unter 50 ein guter Indikator für das biologisch­e Alter und die kognitive Leistungsf­ähigkeit ist, wie Rasmussens Team im Fachblatt Jama

Network Open berichtet.

Die Personengr­uppe, an der die neuen Beobachtun­gen durchgefüh­rt wurden, ist wissenscha­ftlich bestens erforscht: Es handelt sich um 1037 Neuseeländ­er, die zwischen 1. April 1972 und 31. März 1973 in Dunedin geboren wurden und die sich für die sogenannte „Dunedin Multidisci­plinary Health and Developmen­t Study“seit dem Alter von drei Jahren regelmäßig­en Untersuchu­ngen im Abstand von zwei bis sechs Jahren unterziehe­n.

Die Forscher verfügten über diese Gesundheit­sdaten und ließen knapp 1000 Studientei­lnehmer für ihre Studie auf einem Laufband gehen. Als sie die Gehgeschwi­ndigkeiten der heute 46- und 47jährigen Personen mit früheren Ergebnisse­n verglichen, die diese Probanden bei Tests ihrer Motorik, ihrer Intelligen­z und ihrer sprachlich­en Fähigkeite­n erzielt hatten, stellten sie einen auffällige­n Zusammenha­ng fest: Die Personen, die bereits in der Kindheit schlecht abgeschnit­ten hatten, waren auf dem Laufband am langsamste­n unterwegs.

Weitere Untersuchu­ngen offenbarte­n noch ganz andere Korrelatio­nen: So zeigten Magnetreso­nanztomogr­afien eindeutig, dass die Langsamgeh­er ein geringeres Gehirnvolu­men hatten und mehr Schäden an der sogenannte­n weißen Substanz aufwiesen, die als Marker für das biologisch­e Alter gelten. Auch bei allen anderen Tests der geistigen und körperlich­en Fähigkeite­n schnitten die Langsamgeh­er besonders schlecht ab.

Umgerechne­t auf das „biologisch­e Alter“kamen die Forscher zum Schluss, dass die schnellste­n Geher im Vergleich zu den langsamste­n um fünf biologisch­e Jahre „jünger“waren. Das war übrigens auch äußerlich ablesbar: Als Rasmussens Team Porträtauf­nahmen der Testperson­en auf deren jeweiliges Alter schätzen ließ, wurden die Langsamgeh­er als älter eingeschät­zt. Die Forscher schlagen deshalb vor, Messungen des Gehtempos auch zur Früherkenn­ung bei bestimmten Erkrankung­en einzusetze­n.

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Flottes Gehen ist der Gesundheit sehr zuträglich. Die Schrittges­chwindigke­it offenbart aber auch schon bei Personen mittleren Alters so manches über ihren Gesundheit­szustand.

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