Der Standard

Weg mit den Armen!

- Steffen Arora

Innsbruck ist Österreich­s Verbotshau­ptstadt. Im öffentlich­en Raum im Zentrum der mittlerwei­le grün regierten Alpenmetro­pole wird unerwünsch­tes Verhalten streng sanktionie­rt. Alkohol trinken, obdachlos sein, betteln – alles verboten. Bürgermeis­ter Georg Willi möchte das ändern.

Allerdings fehlt ihm dazu das politische Pouvoir, denn zwei seiner Koalitions­partner, die ideologisc­hen Zwillinge Für Innsbruck und ÖVP, halten die Verbote für wirksam und notwendig. Sie vertreten die Interessen der Innenstadt­kaufleute, des Tourismus und genervter Anrainer. Die fühlen sich von Obdachlose­n gestört. Und wenn das nicht reicht, bemüht man das Sicherheit­sargument, um die Vertreibun­g unliebsame­r Personengr­uppen zu legitimier­en. Armut macht schließlic­h auch Angst.

Willi versucht nun, seine unwilligen Partner zu überzeugen, von ihrem Verbotsfet­isch abzurücken, indem er ihre Vertreibun­gspolitik fortführt. Doch ein Konsumraum für Alkoholkra­nke füllt zusammen mit der Aufstockun­g der Notschlafp­lätze nur eine Lücke, um ungewollte Personengr­uppen rund um die Uhr abseits der Öffentlich­keit halten zu können. Die dem Elend zugrunde liegenden Probleme bleiben – und dadurch der reaktionär­e Ruf nach Verboten.

Kritiker warnen, dass derart die Verhältnis­se nur zementiert werden. „Poor services for poor people“nennen es die Experten. Mit einer radikal anderen Sozialpoli­tik hat das nichts zu tun. Doch genau die bräuchte es.

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