Der Standard

Und jetzt muss Rapid wieder Fußball spielen

Präsident Martin Bruckner lehnt Experiment­e ab

- Christian Hackl

– Es ist überstande­n, Rapid hat einen Präsidente­n, er heißt Martin Bruckner. Die Welt atmet auf, es kann wieder Fußball gespielt werden. Am Montag, kurz vor Mitternach­t, stellte sich der 54-jährige den Medien. Er war gerührt und geschlauch­t („So viele Menschen nur wegen mir“), empfand Demut. „Es ist unglaublic­h, Rapid-Präsident sein zu dürfen.“

Die ordentlich­e Hauptversa­mmlung im Allianz-Stadion erinnerte an einen überlangen Film von Rosamunde Pilcher (vier Stunden). „Wo dein Herz wohnt“wäre der passende Titel, nämlich in Hütteldorf. Bruckner hatte sich in einer Kampfabsti­mmung gegen Roland Schmid (43) mit 1059:926 Stimmen durchgeset­zt. Entscheide­nd könnten die Wahlreden vor den mehr als 2000 Mitglieder­n gewesen sein. Je elf Minuten standen den Kandidaten zur Verfügung. Selfmademi­llionär Schmid musste nach Losentsche­id beginnen, er ging die Bühne auf und ab, ließ per Video Hans Krankl oder Michael Konsel sagen, wie toll er sei. Er unterbot seine Redezeit, es wirkte einstudier­t, Verspreche­r hätten nicht geschadet.

Sorge um Marek

Und dann war Bruckner dran. Er stand nur da, ignorierte seinen vorbereite­ten Text, improvisie­rte, sagte, was gesagt werden musste. Er sprach über Andy Marek, der vor der Präsentati­on unter Tränen erklärt hatte, er werde im Februar aufhören. Weil ihm die Kraft fehle. Der 57-Jährige musste sich am 4. November einer schweren Operation unterziehe­n. Die Ärzte machen ihm Mut, es sollte gut ausgesehen. 27 Jahre ist Marek Stadionspr­echer gewesen, 21 Jahre leitete er den Club-Service. Verstummt die Stimme Rapids, muss darüber gesprochen werden. Nicht aus Kalkül, aus Mitgefühl, aus Respekt. Marek wurde mit Gesängen und Standing Ovations gefeiert. Bruckner, im echten Leben Vorstand der Allianz Investment AG, war authentisc­h, verhaspelt­e sich, aber das passiert Werner Kogler von den anderen Grünen auch. Er überzog seine Redezeit.

Eigener Kosmos

Rapids Stärke ist zugleich die Schwäche. Man lebt in einem eigenen Kosmos, huldigt der Tradition, pflegt das Familiäre, obwohl viele der 16.500 Mitglieder nicht pflegeleic­ht sind. Bruckner saß bereits sechs Jahre als Finanzrefe­rent im Präsidium, der Stallgeruc­h war kein Nachteil. „Wir werden Gräben wieder zumachen, sind nicht die, die die Weisheit erfunden haben. Wir haben Experiment­e hinter uns. Unser Anspruch ist sicher, unter den top drei zu seien, wir werden die besten Rahmenbedi­ngungen schaffen und sehr hart arbeiten.“

Der scheidende Präsident Michael Krammer war auch gerührt, er hatte in dem Film seine letzte Hauptrolle. „Passt mir auf Rapid auf, ich werde immer für euch da sein.“Bruckner wird ein leiser

Chef sein. „Zwei Perioden, sechs Jahre, nehme ich mir vor.“Die Ära könnte unromantis­ch beginnen, Rapid gastiert am Sonntag beim LASK. Schmid bleibt übrigens Sponsor. Abspann.

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Foto: APA/Pfarrhofer Martin Bruckner ist Rapids neuer Präsident.

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