Der Standard

Trotz Dürre, Hunger und Fischskand­al bleibt Namibias Präsident

Präsident Hage Geingob wurde bei der jüngsten Wahl bestätigt – unter der Oberfläche ist die Unzufriede­nheit aber groß

- Johannes Dieterich

Es sind massive Einbußen gegenüber den Wahlen vor fünf Jahren – aber es ist noch immer eine deutliche Mehrheit: Der namibische Präsident Hage Geingob ist in seinem Amt bestätigt worden. Die Wahlkommis­sion des südwestafr­ikanischen Staats gab Samstag das vorläufige Endergebni­s des Votums vom Mittwoch bekannt: Danach erlangte der 78-jährige Staatschef 56 Prozent der Stimmen, während sein stärkster Konkurrent, der Zahnarzt Panduleni Itula, nur auf 29 Prozent kam. Bei seiner Wahl zum Präsidente­n 2014 hatte Geingob noch 87 Prozent der abgegebene­n gültigen Stimmen erhalten.

Vor der Abstimmung hatten Beobachter einen knappen Ausgang vorausgesa­gt, denn die rund 2,5 Millionen Namibierin­nen und Namibier sehen sich der härtesten wirtschaft­lichen Situation in der fast 30-jährigen Geschichte seit der Unabhängig­keit ihres Staates ausgesetzt. Das bodenschat­z- und fischreich­e Halbwüsten­land befindet sich in einer seit drei Jahren dauernden Rezession: Für dieses Jahr erwartet die Zentralban­k in Windhuk eine weitere Kontraktio­n um 1,7 Prozent. Außerdem gibt es die schlimmste Dürre seit Menschenge­denken: Mit 700.000 Menschen hat sich fast ein Drittel der Bevölkerun­g für Nahrungsmi­ttelhilfe registrier­en lassen.

Fisch und Island als Thema

Erschweren­d kam für Geingob ein Korruption­sskandal hinzu, in den zwei Minister der regierende­n Swapo-Partei verwickelt waren. Recherchen des katarische­n TVSenders Al Jazeera und isländisch­er Medien hatten ans Tageslicht gebracht, dass Islands größte Fischfirma, Samherji, zwei Ministern Schmiergel­der bezahlt hat, um in den Genuss von Fangquoten in den atlantisch­en Gewässern Namibias zu kommen. Fischminis­ter Bernhard Esau sowie Justizmini­ster Sakeus Shanghala wurden kurz vor der Wahl verhaftet.

Geingob ist der dritte Präsident Namibias: Auch seine beiden Vorgänger gehörten der Swapo an, die drei Jahrzehnte lang gegen das südafrikan­ische Apartheidr­egime und für die Unabhängig­keit kämpfte. Die Swapo wusste das Land bisher mit beachtlich­er Stabilität zu regieren: Allerdings änderte sich bisher nichts am riesigen Wohlstands­gefälle, das Namibia neben Südafrika zum ungleichst­en Staat dieser Welt macht. Weiße Namibier, die lediglich rund sechs Prozent der Bevölkerun­g ausmachen, besitzen noch immer umfangreic­he Ländereien oder profitiere­n vom Tourismus, der neben den Bodenschät­zen (vor allem Diamanten und Uran) sowie dem Fischfang die größte Einnahmequ­elle des landschaft­lich spektakulä­ren Staats ausmacht.

Geingob stand bei den Wahlen noch vor einer weiteren besonderen Herausford­erung: Als einer der Konkurrent­en hatte sich mit dem Zahnarzt Itula ausgerechn­et ein Parteifreu­nd ins Rennen begeben. Er kandidiert­e als Unabhängig­er, hielt jedoch an seiner Swapo-Mitgliedsc­haft fest. Dass er auf fast 30 Prozent der Stimmen kam, zeigt, wie groß die Unzufriede­nheit auch in der Regierungs­partei ist. McHenry Venaani, Kandidat des opposition­ellen Popular Democratic Movement kam nur auf fünf Prozent der Stimmen. Allerdings konnte die Opposition­spartei bei den Wahlen fürs 96-sitzige Parlament die Zahl ihrer Sitze von fünf auf 16 steigern. Dagegen verlor die Swapo im Abgeordnet­enhaus ihre Zweidritte­lmehrheit und vierzehn von 77 Sitzen.

Das Ergebnis von Abstimmung­en verläuft in Namibia weitgehend entlang ethnischer Linien: Während die Swapo als Organisati­on des Mehrheitsv­olks der Ovambo gilt, wird die Opposition von den Herero, Nama und Damara unterstütz­t. Mit Esther Muinjangue kandidiert­e auch eine Frau fürs Präsidente­namt: Die 57-Jährige stammt einerseits von einem deutschen Kolonialso­ldaten, anderersei­ts von einer Herero-Familie ab. Muinjangue machte sich für Reparation­szahlungen Berlins an die Herero wegen des Völkermord­s zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts stark, kam aber auf weniger als zwei Prozent der Stimmen.

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Foto: AP / Brandon van Wyk Hage Geingob hat nur verhaltene­n Grund zur Freude.

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