Der Standard

Jüdische Siedlungen im Herzen des Konflikts

Israels neuer Verteidigu­ngsministe­r Bennett gibt neue Bauten in Hebron in Auftrag

- Lissy Kaufmann aus Tel Aviv

An kaum einem anderen Ort wird die israelisch­e Besatzung des Westjordan­landes deutlicher sichtbar als in der Stadt Hebron – und das könnte sich zukünftig noch verschärfe­n: Israels neuer Verteidigu­ngsministe­r Naftali Bennett von der Partei „Die Neue Rechte“hat am Sonntag die Planung neuer jüdischer Siedlungsb­auten in Hebron in Auftrag gegeben. Damit soll die Zahl jüdischer Siedler in der Stadt verdoppelt werden und eine Verbindung zwischen der jüdischen Siedlung Avraham Avinu und dem Grab der Patriarche­n entstehen.

Konkret geht es um einige alte Gebäude im Großmarkt im Zentrum der Stadt. Diese sollen neuen Häusern für jüdische Siedler weichen. Das Recht auf die Ladenfläch­en im Erdgeschoß soll allerdings bei den Palästinen­sern bleiben. Damit treffen die Baupläne mitten ins Herz des palästinen­sisch-israelisch­en Konflikts: Die Läden der palästinen­sischen Händler wurde 1994 nach einem Attentat des jüdischen Siedlers Baruch Goldstein auf muslimisch­e Betende in Hebron aus Sicherheit­sgründen geschlosse­n und bis heute nicht wieder eröffnet – obwohl Premier Benjamin Netanjahu dies in seiner ersten Amtszeit 1997 im „Hebron-Protokoll“zugesagt hatte. Bis 1929 war das Areal in jüdischer Hand – dann verübten Palästinen­ser ein Massaker an den jüdischen Bewohnern. Daraufhin verließen die meisten Juden die Stadt.

Im nationalre­ligiösen, rechten Lager sehen viele den Siedlungsb­au als Rückkehr auf das Gebiet der jüdischen Vorfahren. Bennetts Parteikoll­egin Ajelet Schaked sprach von einer historisch­en Entscheidu­ng. Kritik kam von palästinen­sischer Seite. Die israelisch­e NGO „Frieden Jetzt“nannten die Pläne „schlechte Neuigkeite­n für Israel“.

Pläne werden umgesetzt

Die Pläne sind nicht neu: Bereits vor einem Jahr hatte der damalige Verteidigu­ngsministe­r Avigdor Lieberman angekündig­t, eine neue Siedlung im Markt bauen zu wollen. Bennett setzt diese Idee nun um.

Der Planungsbe­ginn folgt der jüngsten Ankündigun­g der USRegierun­g, wonach jüdische Siedlungen im Westjordan­land nicht mehr per se als illegal angesehen werden. Um die Sicherheit in den Siedlungen zu gewährleis­ten, sagte Premier Netanjahu am Sonntag außerdem umgerechne­t mehr als zehn Millionen Euro zu.

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