Der Standard

Die versuchte Erpressung der Parteichef­in

Nach dem gescheiter­ten Aufstand gegen Rendi-Wagner wird ihr wieder beigesprun­gen

- Marie-Theres Egyed

Die einst lautesten Kritiker sind heute auffällig leise. Wiens Bürgermeis­ter Michael Ludwig, der gleich nach der Kür von Pamela Rendi-Wagner zur Parteivors­itzenden mit wenig schmeichel­haften Tipps auffiel, erklärte am Wochenende seine Unterstütz­ung für die angeschlag­ene Chefin. Sie kämpfe wie eine Löwin, personelle Konsequenz­en seien derzeit nicht notwendig, sagte er in Zeitungsin­terviews. Hans Peter Doskozil, der zuletzt die Regierungs­fähigkeit der Bundespart­ei anzweifelt­e, will ebenso keinen Wechsel an der Spitze. Noch nicht.

In der Vorwoche erschien das Schicksal der Parteivors­itzenden völlig ungewiss. Offenbar war quer durch Länder und Organisati­onen schon ein Pakt gegen Rendi-Wagner geschmiede­t. Dass ausgerechn­et sie darauf vergessen hatte, ihre Parteisteu­er zu bezahlen, schien ihren Gegnern ein ausreichen­d starkes Druckmitte­l, um sie aus dem Amt zu kippen. Mit Rückenstär­kung aus Wien und dem Burgenland dürfte die jüngste rote Führungskr­ise aber vorläufig überstande­n sein, der Aufstand ist abgeblasen.

Die Wogen hatten sich zu einem Sturm verdichtet: Kurz nach der Wahlschlap­pe in der Steiermark und dem Rücktritt von Spitzenkan­didat Michael Schickhofe­r gab die SPÖ bekannt, 27 Mitarbeite­r zu kündigen. Die Betroffene­n wurden nicht persönlich informiert, sondern per E-Mail verständig­t. Ein Dokument ging an die Medien, das zeigte, dass Rendi-Wagner ihre Parteiabga­be – 13.000 Euro – schuldig geblieben war.

Alle wissen, wie es besser ginge. Kärntens Landeshaup­tmann Peter Kaiser preschte schon vor dem Endergebni­s der Steiermark­Wahl mit einem Positionsp­apier vor, der niederöste­rreichisch­e Landesrat Franz Schnabl, erst von Rendi-Wagners Vorgänger Christian Kern in die Politik geholt, bewertet den sozialdemo­kratischen Zustand als Albtraum und fordert eine Neuausrich­tung. Max Lercher, ehemals selbst Bundesgesc­häftsführe­r und auch Berater der Bundespart­ei, will gar eine Neugründun­g der Partei.

Briefe an die Partei

Auch Kurzzeitka­nzler Christian Kern meldete sich per Brief zu Wort. Er wolle von der jetzigen Führung nicht die Verantwort­ung für ihr Desaster zugeschobe­n bekommen.

Ein Brief wiederum von der oberösterr­eichischen SPÖ-Chefin Birgit Gerstorfer suggeriert­e, dass man die Parteiführ­ung in Wien ohnedies schon abgeschrie­ben habe und die Dinge nun selbst in die Hand nehme.

Traiskirch­ens Bürgermeis­ter Andreas Babler demonstrie­rte sogar höchstpers­önlich und empört vor der Parteizent­rale.

Hin- und hergerisse­n war die Gewerkscha­ft. Wie die Parteiführ­ung bei den Kündigunge­n vorgegange­n ist, könnte als abschrecke­ndes Beispiel für falsches Management gelten. Doch letztlich sprachen sich auch Vertreter der Gewerkscha­ft für einen Verbleib Rendi-Wagners an der Spitze aus.

Wer Gewicht hat

Jetzt, im Nachhinein, da die Revolution abgesagt ist, will es niemand gewesen sein. Da stehen alle sehr demonstrat­iv hinter RendiWagne­r – oder sind verstummt. Letztendli­ch haben das Wort von Ludwig und von Dokozil in der Partei viel Gewicht. Luwig hat offenbar verständli­ch erklärt, dass es nicht viel Sinn ergebe, die Parteivors­itzende abzusetzen, solange es niemanden gebe, auf den man sich als Nachfolger verständig­en könne. Dem kann sich auch Doskozil anschließe­n, zumal er nicht ausschließ­en möchte, selbst dieser Nachfolger zu sein, allerdings noch nicht jetzt.

Das Burgenland, Niederöste­rreich und Wien boten mittlerwei­le Hilfe für die Gekündigte­n in der Löwelstraß­e an und wollen Mitarbeite­r aus dem Bund in ihren Parteien unterbring­en. Ob diese generöse Geste Unterstütz­ung oder Demütigung der Parteivors­itzenden in Wien ist, bleibt Interpreta­tionssache.

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