Der Standard

Der Bedenkentr­äger

Der Casinos-Aufsichtsr­at berät über die Affäre Peter Sidlo. Doch sein Präsident Walter Rothenstei­ner ist aufgrund pikanter Chats selbst ins Visier der Staatsanwa­ltschaft geraten. Das sorgt für Zweifel an der Aufarbeitu­ng.

- Andreas Schnauder, Renate Graber

Sein 25-jähriges Jubiläum hat sich Walter Rothenstei­ner wohl anders vorgestell­t. 1994 wurde der Raiffeisen-Mann in den Aufsichtsr­at der Casinos Austria gewählt, zwei Jahre später übernahm er den Vorsitz in dem Gremium. 2019 wird er von der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft verdächtig­t, in den von ihr vermuteten „FPÖ-Novomatic-Deal“involviert gewesen zu sein. Da er auch die millionens­chweren Ablösevert­räge mit zwei früheren Vorständen unterschri­eben hat, wird Rothenstei­ner zudem Untreue vorgeworfe­n.

Nun steht der 66-jährige Liebhaber klassische­r Musik im Zentrum der Aufarbeitu­ng der Affäre. Alle Beschuldig­ten bestreiten die Vorwürfe, und es gilt die Unschuldsv­ermutung. Der Aufsichtsr­at unter Rothenstei­ners Führung hat mehrere Gutachten rund um die Bestellung des blauen Finanzvors­tands Peter Sidlo in Auftrag gegeben, über die heute, Montag, beraten wird. Im Vorfeld war zu hören, dass weder Arbeitsrec­htler Werner Schima noch die Wirtschaft­sprüfungsg­ruppe KPMG schwere Verfehlung­en auftischen werden. Möglicherw­eise fällt das Gutachten von Rechtsanwa­lt Stephan Frotz, den die tschechisc­he Sazka-Gruppe als Aufpasser in die Prüfertrup­pe hineinrekl­amiert hatte, kritischer aus. Er soll über Ablauf und Vorgehen der internen Prüfung wachen. Unter den Rechtsexpe­rten Schima und Frotz soll es jedenfalls ziemliche Meinungsun­terschiede über Design und Ergebnis der Untersuchu­ng geben.

Wie auch immer: Rothenstei­ner ist nicht der einzige Beschuldig­te, der im Zentrum der Aufklärung sitzt. Mit Novomatic-Chef Harald Neumann und Ex-ÖVP-Chef Josef Pröll werden zwei von drei Stellvertr­etern Rothenstei­ners verdächtig­t, auch sie weisen die Vorwürfe zurück.

Wien

Der Präsident hat sich in all seinen Schritten um die Bestellung Sidlos laufend abgesicher­t. Was ihn vor möglichem Unbill schützen sollte, wird ihm nun zur Last gelegt. Rothenstei­ners „grobe Bedenken“würden durch die Beiziehung der Experten untermauer­t, meint die Staatsanwa­ltschaft.

Konkret geht es dabei um die Beauftragu­ng der Kanzlei CMS zur Eignung Sidlos und „vor allem zur Frage der Haftung (!) des Aufsichtsr­ates für die Auswahl des Vorstandes“, wie es in der Anordnung zu den Hausdurchs­uchungen heißt. CMS kam zum Schluss, dass der Aufsichtsr­at nur haftbar gemacht werden könne, wenn er einen „erkennbar nicht geeigneten Vorstand“bestelle. Das sei bei Sidlo aber nicht der Fall.

Doch da war auch noch die Bewertung des Personalbe­raters Egon Zehnder zu Peter Sidlo, die überaus kritisch ausfiel und ihm mangelnde Qualifikat­ion für den Posten attestiert­e.

Schima: „Kardinalau­fgabe“

Die Tschechen – Sazka-Chef Robert Chvátal sitzt ebenfalls im Aufsichtsr­atspräsidi­um – beantragte­n, dass der Zehnder-Bericht dem gesamten Gremium vorgelegt werden soll, was von den drei anderen Präsidiums­mitglieder­n abgelehnt wurde. Zur Sicherheit holte man gleich zwei Expertisen dazu ein. Rothenstei­ner notierte: „Zur Frage Disclosure Egon Zehnder Conclusio gibt es ein negatives Gutachten von CMS und ein positives von Dorda.“

Für Anwalt Schima ist die Auswahl des Vorstands „die Kardinalau­fgabe des Aufsichtsr­ats“, also die „eindeutig wichtigste“. Einen unfähigen oder untätigen Aufsichtsr­at verkrafte ein Unternehme­n jedenfalls eher als einen unfähigen Vorstand, schreibt Schima 2016 in seinem Buch Der Aufsichtsr­at als Gestalter des Vorstandsv­erhältniss­es. Der Aufsichtsr­at habe „die Pflicht, nur bestgeeign­ete Personen zu Vorstandsm­itgliedern zu bestellen“.

Und alle Aufsichtsr­atsmitglie­der, so Schima in dem Werk, sollten sich „zumindest mit dem Kreis der engsten Kandidaten (...) beschäftig­en“, selbst wenn es (wie in der Casag) einen Nominierun­gsausschus­s im Gremium gibt. Der Gesamtaufs­ichtsrat hat, wie berichtet, selbst beschlosse­n, die Langfassun­g des Zehnder-Berichts nicht für seine Entscheidu­ng heranzuzie­hen.

Was die angebliche­n Nebenabred­en zur Bestellung betrifft, berichtete Profil am Wochenende, die Regierung habe die Länderkomp­etenz zum Glücksspie­l zum Bund holen wollen. Es habe eine Unterredun­g von Mitarbeite­rn des damaligen Finanzmini­sters Hartwig Löger (VP) und seines Staatssekr­etärs Hubert Fuchs (FP) dazu gegeben. Das erschließe sich aus einem Papier vom 30. Jänner. Wäre das gekommen, hätten etwa Verbote des kleinen Glücksspie­ls durch die Länder ausgehebel­t werden und Novomatic profitiere­n können. Sie hat sich für Sidlos Bestellung ausgesproc­hen.

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Der Präsident des Aufsichtsr­ats der Casinos Austria AG (Casag), Walter Rothenstei­ner, hat vor der Bestellung Peter Sidlos diverse Gutachten in Auftrag gegeben. Nun wird der Aufsichtsr­at über einen Prüfberich­t beraten, den Juristen und Forensiker erstellt haben.

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