EU-Kommission legt ehrgeizige Klimapläne vor
Bei dem 25. Weltklimagipfel sollen die ausstehenden Kapitel des Pariser Klimaabkommens finalisiert werden. Die EU will sich mit einer verschärften Gangart als engagierter Player präsentieren.
In Rom waren es 20.000 Teilnehmer, in Berlin demonstrierten 50.000 Menschen, in Wien zählten die Veranstalter beim vierten Weltklimastreik 20.000 Demonstranten. Die Klimaschützer machen den Staaten, die ab heute, Montag, in Madrid über die Zukunft der Klimapolitik verhandeln, derzeit gehörig Druck. Ganz so viele Menschen werden bei dem mittlerweile 25. Weltklimagipfel zwar nicht erwartet, bis zu 25.000 Teilnehmer dürften jedoch kommen.
Ziel der Konferenz ist es, die letzten offenen Punkte des Pariser Abkommens zu klären. Dazu zählt beispielsweise Artikel sechs des Klimadeals, der den internationalen Kohlenstoffmarkt regeln soll. Das Prinzip dahinter funktioniert in etwa wie ein Emissionshandelssystem. Großemittenten können Emissionsreduktionen in anderen Ländern anstoßen und für die eigene Bilanz anrechnen.
Die Verhandlungen dazu dürften schwierig werden, erklärt Jürgen Schneider, Sektionschef im Umweltministerium. Einige Staaten, darunter jene der Europäischen Union, wollen, dass eine Doppelzählung der Emissionen – im Ursprungs- und Empfängerland – nicht möglich ist. Diese Meinung teilen aber nicht alle Ländervertreter. „Da geht es um viel Geld, um einen großen Markt“, sagt Schneider.
Außerdem stehen in Madrid bei weitem nicht mehr so viele Verhandlungspunkte auf der Agenda wie etwa bei dem Gipfel im Vorjahr im polnischen Katowice, erklärt der Klimaexperte: „Wenn man nichts zum Eintauschen hat, wir es verhandlungstechnisch schwierig.“
Thema in Spanien wird mit Sicherheit auch die Nachbesserung nationaler Emissionsreduktionsziele sein. Die Europäische Union, die bei der Konferenz gesammelt von dem EU-Ratsvorsitzland – aktuell Finnland – repräsentiert wird, habe eines der ambitioniertesten Reduktionsziele, heißt es im Umweltministerium.
Minus 40 Prozent
Die Union hat sich dazu verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um mindestens 40 Prozent zu reduzieren. Die neue EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kündigte bereits an, dass sie das Ziel nachschärfen will. Laut einem Entwurf sollen am 11. Dezember engagiertere Maßnahmen vorgelegt werden. Zu ihnen zählt, Gratiszertifikate für Fluglinien zu reduzieren, die Schifffahrt in den Emissionshandel einzubinden und die Inkludierung des Straßentransports in das System zu prüfen. Auch ein neuer Vorschlag für die kilometerabhängige PkwMaut soll her, heißt es in dem Dokument, das dem STANDARD vorliegt. Das Maßnahmenpaket soll zu einer Halbierung des CO2-Ausstoßes bis 2030 und zur Klimaneutralität bis 2050 führen.
Die heurige Konferenz dürfte jedenfalls von dem angekündigten Austritt der Vereinigten Staaten aus dem Pariser Abkommen überschattet werden. Die Kündigung wird allerdings erst nach einem Jahr wirksam, das heißt, dass die USA auch in Madrid am Verhandlungstisch sitzen.
Das könnte für die übrigen Staaten zum Hindernis werden. Denn bei einer Klimakonferenz wird so lange verhandelt, bis es keine Gegenstimme mehr gegen eingebrachte Vorschläge gibt. Das ist gleich in mehreren Belangen eine mögliche Quelle für schwammig formulierte Beschlüsse: Immerhin haben ölexportierende Staaten zumeist gänzlich andere Interessen als tief liegende Inselstaaten, deren Bevölkerung durch den steigenden Meeresspiegel stark bedroht ist.
Wirklich große Meilensteine werden für heuer allerdings nicht erwartet, sagt Helmut Hojesky, der die österreichische Beamtendelegation in Madrid leitet: „Die große Konferenz war Paris, Katowice war ein weiterer wichtiger Schritt.“In Madrid sollen vielmehr letzte technische Details geklärt werden. Bei Klimakonferenzen würde es aber – gerade in letzter Minute – immer wieder zu überraschenden Ergebnissen kommen, sagt Hojesky, der Österreich bisher auf allen Klimakonferenzen seit 1995 vertreten hat.
Ein weiter Weg
Bis zur nächsten Konferenz in Glasgow im Jahr 2020 müssen sich die Unterzeichnerstaaten jedenfalls noch ins Zeug legen: „Insgesamt sind wir noch nicht auf dem Weg zu deutlich unter zwei Grad“, meint Schneider. Im Rahmen des Pariser Abkommens haben sich die 187 Vertragspartner darauf geeinigt, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf maximal zwei Grad Celsius zu beschränken, möglichst aber auf 1,5 Grad.