Der Standard

Gunst der Stunde

- Manuela Honsig-Erlenburg

Die Zukunft der SPD liegt nun in den Händen eines Duos, das das „Weiter so“bei den deutschen Sozialdemo­kraten beenden will. Die Wahl der unerfahren­en SPD-Linken Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken zum Führungsdu­o ist ein klares Misstrauen­svotum gegen die große Koalition, gegen Vizekanzle­r Olaf Scholz, gegen die Parteiführ­ung der letzten Jahre.

Die Entscheidu­ng ist ein Risiko, aber nachvollzi­ehbar. Die Partei liegt in aktuellen Umfragen mit schwachen 14 Prozent gleichauf mit der AfD und sehnt sich aufgrund der zahlreiche­n Tiefschläg­e der letzten Zeit nach einem Neustart. Nach einer Führung, die wieder für sozialdemo­kratische Kernwerte einsteht.

Bedeutet die SPD-interne Entscheidu­ng also konsequent­erweise auch das Ende der großen Koalition in Deutschlan­d? Vermutlich nicht, denn das käme für beide Koalitions­parteien einem politische­n Amoklauf gleich. Die Union befindet sich derzeit mit der Diskussion um Spitzenkan­didatin Annegret Kramp-Karrenbaue­r in einer ähnlich strukturel­len Krise wie der Juniorpart­ner. Von einer vorgezogen­en Wahl würden links vor allem die Grünen und die Linken und rechts massiv die neu aufgestell­te AfD profitiere­n. Die SPD wäre besser beraten, die Schwäche der Union für sozialpoli­tische Kompromiss­e à la Grundrente zu nutzen. Der Zeitpunkt ist günstig, Neuwahlen hingegen wären angesichts des Vormarschs der Rechten fahrlässig.

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