Der Standard

Nicht nur gut oder böse

- Manuel Escher

James Ford ist ganz sicher nicht das, was man sich unter einem Helden vorstellen würde. Er erwürgte im Jahr 2003 eine damals 21-jährige geistig beeinträch­tige Frau – in einem Verbrechen, das die Polizei „motivlos“nannte und an dessen Folgen die Familie des Opfers noch immer leidet und auch weiter leiden wird. Ford ist ein brutaler Mörder – moralisch wird und sollte er diesen Makel und die damit verbundene Schuld nicht mehr loswerden.

Und doch zeigte sich am Freitag, dass Menschen in ihrem Leben nicht ausschließ­lich Gutes oder Böses tun. Ford war einer der Teilnehmer eines Rehabilita­tionskurse­s in London, die Freitag Usman Khan verfolgten und überwältig­ten, nachdem dieser in Terrorabsi­cht mutmaßlich zwei Menschen erstochen hatte. Auch Khan war Besucher des Kurses. Bis vor kurzem saß er wegen Anschlagsp­lanungen im Gefängnis. Seine vorzeitige Entlassung sorgt im Wahlkampf für Forderunge­n nach Härte und langer Haft.

Offensicht­lich ist: Khan hätte unter den Bedingunge­n, in denen das geschehen ist, nicht entlassen werden dürfen. Wegsperren ist trotzdem keine Lösung. Der Tathergang mit dem Einschreit­en Fords und seiner Kollegen zeigt, dass die Gesellscha­ft von dem, was manchmal „Milde“genannt wird, profitiere­n kann. Vor allem zeigt der Fall, dass man genau hinschauen muss – in Haft und bei der Rehabiliti­erung. Dafür braucht es Personal, Geld und vor allem politische­n Mut. Leider ist der im Wahlkampf oft selten.

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