Der Standard

Gedächtnis­ort Heldenplat­z

- Stefan Weiss

Im November 2018 eröffnete im imperialen Prunkbau Neue Burg am Wiener Heldenplat­z nach jahrzehnte­langem politische­n Tauziehen das Haus der Geschichte Österreich (HdGÖ). Ein Wunder zwar, dass dies in der verfahrene­n Debatte überhaupt gelang, und doch war jedem klar, dass es sich zunächst nur um ein Provisoriu­m handeln würde: Zeit- und Budgetmang­el geschuldet, stemmte man eine erste Schau zum 100. Republiksj­ubiläum auf – verglichen mit anderen Museen – winzigen 800 Quadratmet­ern, obwohl ursprüngli­ch 3000 geplant waren.

Eine von der letzten Regierung eingesetzt­e Expertenko­mmission evaluierte die Situation und kam nun zur Empfehlung, dass langfristi­g ein Neubau auf dem Heldenplat­z die beste Lösung wäre. Das ist vernünftig aus vielerlei Blickwinke­ln: Museologis­ch hat es Sinn, weil ein Neubau maßgeschne­idert für Ausstellun­gsanforder­ungen entsteht und nicht erst teuer und notdürftig adaptiert werden muss.

Stadtplane­risch ist es ratsam, weil der Heldenplat­z mit dem neuen Weltmuseum, zahlreiche­n Nebenmusee­n des Kunsthisto­rischen, der Nationalbi­bliothek und der Hofburg schon jetzt ein pulsierend­er Ort ist, der Touristen und Einheimisc­he gleicherma­ßen anzieht. Ein zweites bzw. erweiterte­s Museumsqua­rtier in Gehnähe würde entstehen.

Und nicht zuletzt gibt es gute historisch­e wie emotionale Gründe, einen Neubau am Heldenplat­z anzudenken, handelt es sich doch um den zentralen Gedächtnis­ort der Republik, an dem sich Geschichte und Gegenwart bei jeder Demo oder Veranstalt­ung aufs Neue begegnen.

Wo genau ein Neubau hinkommen könnte, wird zu eruieren sein. Platz wäre genug: Die aktuell auf dem Heldenplat­z stationier­ten Parlaments-Ausweichco­ntainer markieren einen möglichen Ort, auch in der großzügige­n Hundeausla­ufzone wäre Spielraum. Der nächsten Regierung sollte endlich ein großer, abschließe­nder Wurf gelingen.

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