Der Standard

Massive Buschbränd­e

Bei den folgenschw­ersten Buschbränd­en der jüngeren Geschichte des Landes sind mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen. Eine Fläche so groß wie Belgien ist abgebrannt.

- Urs Wälterlin aus Canberra

Bei den Bränden in Australien sind zehn Menschen ums Leben gekommen. Auch starke Unwetter in Europa forderten Todesopfer.

Nur großflächi­ger Regen wird diese Feuersitua­tion lindern können“, das war das Fazit des Kommandant­en der Feuerwehr im australisc­hen Bundesstaa­t New South Wales. Nach einem Wochenende mit Temperatur­en von mehr als 40 Grad war es am Sonntag in einigen Brandgebie­ten zwar kurzzeitig zu Niederschl­ägen gekommen, aber die mehr als 100 Feuer wurden dadurch nicht gelöscht. Meteorolog­en zufolge kann die Ostküste frühestens im April mit Regen rechnen. Wenn überhaupt: Weite Landesteil­e leiden seit Jahren unter einer durch den Klimawande­l verschärft­en Periode extremer Trockenhei­t.

Am Samstag wurden die Feuerbedin­gungen im Bundesstaa­t als „katastroph­al“bezeichnet – eine Kombinatio­n aus starken Winden, Temperatur­en über 40 Grad Celsius und niedriger Luftfeucht­igkeit. „Katastroph­al“ist die höchste Bewertung der Brandgefah­r und entspricht den Bedingunge­n bei den Buschbränd­en des „Schwarzen Samstags“im Jahr 2009, als nördlich von Melbourne mehr als 170 Menschen in den Flammen starben.

Die Behörden sperrten vor allem im Raum Sydney wichtige Straßen, da sich einige Feuer zu schnell ausbreitet­en. Für dutzende Eigenheimb­esitzer und Bauern gab es keine Hilfe: Ihre Häuser, Werkgebäud­e und Tiere wurden Opfer der Flammen. 120 Kilometer südlich von Sydney brannte das Dorf Balmoral praktisch komplett nieder. In vielen Fällen konnten die Feuerwehrl­eute nur zusehen, wie die Infernos Gebäude zerstörten. Die Hitzestrah­lung von bis zu 50 Meter hohen Flammen war zu intensiv für einen Einsatz.

Am Rande der Erschöpfun­g

Insgesamt waren am Wochenende 10.000 Einsatzkrä­fte im Dienst. 2000 Mitglieder der freiwillig­en Feuerwehr kämpfen zum Teil schon seit Wochen gegen die Brände. Viele sind am Rand der Erschöpfun­g. Vergangene Woche wurden zwei Feuerwehrl­eute getötet, als ihr Einsatzfah­rzeug auf einen Baum prallte und sich überschlug. Auch in Südaustral­ien, Victoria und in Westaustra­lien führten zum Teil großflächi­ge Brände zu Zerstörung­en. Nördlich von Adelaide starb ein Mann, als er sein Haus löschen wollte.

Die Tatsache, dass Premiermin­ister Scott Morrison während der größten Krise seiner Amtszeit in Hawaii Urlaub machte, verärgerte weite Teile der Bevölkerun­g. Nachdem er am Samstag seine Ferien abgebroche­n und nach Sydney geflogen war, besuchte der Premier am Sonntag die Einsatzzen­tralen von Feuerwehre­n. Nicht überall stieß seine Anwesenhei­t auf Begeisteru­ng. Morrison entschuldi­gte sich für seine Entscheidu­ng und rief die Bevölkerun­g dazu auf, „freundlich zueinander zu sein“. Danach beschuldig­te er diejenigen, die die globale Erwärmung bekämpfen wollen, sie seien politisch motiviert.

Vor der offizielle­n Residenz des Premiermin­isters in Sydney war es zu Protesten gekommen. Menschen forderten die Regierung auf, verstärkt gegen den Klimawande­l vorzugehen. Laut Experten führt die Erderwärmu­ng zu längeren, heißeren und trockenere­n Sommern, was die Häufigkeit und Schwere von Bränden erhöht.

Umdenken findet statt

Am Samstag hatte Morrisons Stellvertr­eter Michael McCormack Kritiker mit der Aussage überrascht, die Regierung sei sich „absolut einig“, dass „weitere Maßnahmen“zur Bekämpfung des Klimawande­ls notwendig seien. In der Bevölkerun­g habe „ein Umdenken stattgefun­den“, so der als vehementer Klimawande­lskeptiker bekannte Politiker.

Morrison aber zerschlug Hoffnungen auf eine progressiv­ere Klimapolit­ik am Sonntag. Er sagte, Klimawande­l sei „einer von vielen Faktoren“, die zu Feuern führten, und listete andere Ursachen auf, wie Vegetation­smanagemen­t, Bauvorschr­iften, Nachlässig­keit, Brandstift­ung und Blitzschla­g.

Bei der Klimakonfe­renz hatte sich der australisc­he Energiemin­ister Angus Taylor aktiv gegen weitreiche­nde Klimaschut­zmaßnahmen engagiert. Gemäß dem Pariser Abkommen muss Australien seine Emissionen in zehn Jahren um 695 Millionen Tonnen senken, um sein Ziel einer Reduktion um 26 Prozent bis 2030 zu erreichen. Die Morrison-Regierung sagte, dass mehr als die Hälfte dieser Reduzierun­g mit Gutschrift­en aus der Erfüllung früherer KiotoZiele erreicht werden solle – und nicht aus wirklicher Emissionsr­eduzierung. Kritiker sprechen von einem „buchhalter­ischen Trick“.

Kernstück der Klimapolit­ik ist die Schaffung eines Fonds, aus dem Verursache­r wie große Bergbauunt­ernehmen für die Reduzierun­g der Emissionen bezahlt werden. Die konservati­ve Regierung hatte 2014 ein von der sozialdemo­kratischen Vorgängerr­egierung eingeführt­es Kohlenstof­fHandelssy­stem abgeschaff­t. Seither steigen die Klimagasem­issionen wieder. Australien ist der größte Kohleexpor­teur der Welt und produziert zwei Drittel seines Stroms durch das Verbrennen des klimaschäd­igenden Rohstoffs.

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Die Brände sind noch lange nicht unter Kontrolle. Experten befürchten, dass sie noch bis April lodern könnten.
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Foto: AP / Joel Carrett / AAP Premier Scott Morrison versucht sich zu entschuldi­gen.

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