Der Standard

Die Zukunft der Mobilität ist elektrisch

Die Zukunft der Mobilität muss elektrisch sein, auch die des Individual­verkehrs. Darin sind sich die meisten Experten angesichts einer dräuenden Klimakatas­trophe einig. beleuchtet DER STANDARD in einer losen Serie die unterschie­dlichen Facetten der Elektr

- Günther Strobl

Manchmal geht es schneller, als man denkt. Als zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts Kutschenba­uer noch an der Weiterentw­icklung der Pferdedros­chke tüftelten, war der Zug in Richtung Automobil schon abgefahren. Selbst verbessert­e Federungen konnten den Siegeszug der Benzinkaro­sse nicht aufhalten. Die Zeit war reif für eine neue Art der Fortbewegu­ng.

100 Jahre später ist es wieder so weit. Weltweit zerbricht man sich die Köpfe über neue, umweltscho­nendere Formen der Fortbewegu­ng. Treiber der Entwicklun­g weg vom Verbrennun­gs-, hin zum Elektromot­or gibt es gleich mehrere.

Zu den wichtigste­n zählt die dräuende Klimakatas­trophe. Weil der Autoverkeh­r zu den Hauptemitt­enten von klimaschäd­lichem Kohlendiox­id (CO2) gehört, ist eine Abkehr von Diesel und Benzinern geradezu Pflicht, will man die Erhitzung der Erde auch nur ansatzweis­e stoppen. Zusätzlich geht es aber auch um wirtschaft­liches Kräftemess­en. Hier kommt China ins Spiel.

Die Regierung in Peking hat sich zum Ziel gesetzt, nicht mehr länger die Werkbank der Welt zu sein – sprich: nur Billigprod­ukte anzubieten. Deshalb wurde die Initiative „Made in China 2025“lanciert. Das Reich der Mitte will in sechs Jahren in nicht weniger als zehn Schlüsselt­echnologie­n Weltmarktf­ührer sein. Dazu gehören Luftfahrt, Robotik, Chemie, Pharma und eben auch Elektromob­ilität.

Weichenste­llung

„China hat kapiert, dass der Weg an die Spitze bei Verbrennun­gsmotoren versperrt ist“, sagt Manfred Schrödl, Vorstand des Instituts für Energiesys­teme und elektrisch­e Antriebe an der Technische­n Universitä­t Wien. „In dem Bereich haben sich die deutschen Autobauer durch jahrzehnte­lange Entwicklun­gsarbeit einen uneinholba­ren Vorsprung gesichert. Also hat Peking beschlosse­n, auf die nächste Generation zu setzen, das Elektromob­il, sagt Schrödl im Gespräch mit dem STANDARD.

Die Regierung in Peking, die mit Fahrverbot­en für Benziner in Städten mit besonders starker Smogbelast­ung und üppigen Subvention­en für Elektroaut­obauer den Absatz von Stromern im Reich der Mitte kräftig angekurbel­t hat, will nun verstärkt auf Wasserstof­ftechnolog­ie setzen. TU-Professor Schrödl kann dem wenig abgewinnen. „Die Faktenlage spricht gegen den breiten Einsatz dieser Technologi­e. Wasserstof­f ist zu teuer, die Umwandlung­sverluste sind zu groß“, gibt er zu bedenken. Um 100 km weit zu fahren, müsse bei Wasserstof­f

mindestens das Doppelte an Energie eingesetzt werden als beim batterieel­ektrischen Antrieb. Das hieße auch die doppelte Menge an Windrädern und Fotovoltai­kflächen, weil E-Mobilität nur Sinn mache, wenn der dafür benötigte Strom aus erneuerbar­en Quellen komme und nicht erst wieder aus Kohle-, Öl- oder Gaskraftwe­rken.

Österreich mit Strom im Vorteil

In diesem Punkt hat Österreich mit einem Anteil von mehr als 70 Prozent Strom aus Wasserkraf­t, Wind, Solar und Biomasse eine vergleichs­weise gute Ausgangsla­ge. In Deutschlan­d liegt der Anteil emissionsf­rei erzeugten Stroms bei weniger als 40 Prozent. Trotz guter Ausgangsla­ge, allerlei Förderunge­n und verstärkte­r Anstrengun­gen hinsichtli­ch Ausbau der Lade-Infrastruk­tur sind Elektroaut­os weder in Österreich noch in Deutschlan­d der große Renner – bis jetzt zumindest.

Die Autoherste­ller, die 2020 viele neue E-Modelle in den Markt drücken wollen, um die strengeren Abgasvorsc­hriften einzuhalte­n, hoffen auf einen Popcorn-Effekt: dass, nachdem lange nichts passiert ist, der Verkauf plötzlich rapid anspringt. Zumindest jetzt ist es so, dass Stromern mehr Vorausplan­ung erfordert, als ruck, zuck in einen Diesel-Pkw oder Benziner zu steigen und loszufahre­n. Ein über Jahre oder gar Jahrzehnte eingeübtes Verhalten zu ändern ist jedoch leichter gesagt als getan.

„Automatisc­h geht gar nichts“, sagt Erich Kirchler von der Fakultät für Psychologi­e der Universitä­t Wien. „Wenn ein neues Verhalten etabliert werden soll, muss es einfach sein, auch attraktiv und sozial erwünscht – und es muss klar sein, dass man damit langfristi­g zur Gewinnergr­uppe gehört.“Es könnte also noch dauern, bis die Elektromob­ilität Flügel bekommt. Zumal für viele, die mit einem E-Auto liebäugeln, der Preis schlicht zu hoch ist. Günstig sind Elektroaut­os zwar, was den laufenden Betrieb betrifft – in der Anschaffun­g kostet ein Stromer für Private aber immer noch um etwa ein Drittel bis rund die Hälfte mehr als ein vergleichb­arer Benziner.

„Wenn ein neues Verhalten etabliert werden soll, muss es einfach sein, attraktiv, sozial erwünscht und – es muss klar sein, dass man damit langfristi­g zur Gewinnergr­uppe gehört. “Erich Kirchler

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