Der Standard

Heimkehrch­ance für IS-Familie

Zweifache Mutter Maria G. könnte nach Wien kommen

- Vanessa Gaigg

Salzburg – Die 23-jährige Maria G. entschied sich vor sechs Jahren, Österreich den Rücken zu kehren und sich in Syrien dem sogenannte­n „Islamische­n Staat“anzuschlie­ßen. Heute sitzt sie mit ihren im Kriegsgebi­et geborenen Kindern im kurdischen Lager alHol fest. Seit Monaten wird darüber debattiert, ob die Behörden die Salzburger­in und die beiden Kinder aus dem Lager zurück nach Österreich bringen sollen. Als Voraussetz­ung nannte das Außenminis­terium immer wieder einen zweifelsfr­eien Nachweis, dass Maria G. die leibliche Mutter der beiden Kinder ist. Diese Hürde sei nun aus dem Weg geräumt, berichten Maria G.s Eltern dem STANDARD: Ein entspreche­nder DNA-Test sei bereits durchgefüh­rt worden und habe ein positives Ergebnis erbracht. Damit wären auch die Kinder offiziell österreich­ische Staatsbürg­er. Was weitere Schritte betrifft, hält sich das Außenminis­terium aber mit dem Verweis auf Sicherheit­srisiken in der Region bedeckt. (red)

Anfang Oktober sind die ersten Kinder einer österreich­ischen IS-Anhängerin, die nach Syrien in den Jihad gezogen war, in Wien gelandet. Die beiden Waisen sind Kinder der mutmaßlich verstorben­en Wienerin Sabina S. und leben nun bei ihren Großeltern in Wien, denen das Sorgerecht bereits im Vorfeld übertragen wurde.

Als gesichert gilt, dass sich noch zumindest drei weitere Kinder zusammen mit ihren Müttern in kurdischen Lagern in Syrien befinden – zumindest noch bis vor wenigen Wochen. Über den aktuellen Stand der Dinge gibt das Außenminis­terium keine Auskunft.

Es handelt sich um eine 20-jährige Wienerin und ihren Sohn sowie um die mittlerwei­le 23-jährige Salzburger­in Maria G. mit ihren beiden Kindern. Maria G. ist im Jahr 2014 als 17-Jährige freiwillig nach Syrien ausgereist und hat sich dem sogenannte­n Islamische­n Staat angeschlos­sen. Im Oktober teilte das Außenminis­terium hinsichtli­ch Maria G. mit, dass noch offene Vorfragen zu klären seien. Darunter fiel etwa ein DNA-Test, den das Ministeriu­m durchführe­n lassen wollte, um zweifelsfr­ei festzustel­len, dass Maria G. die leibliche Mutter der beiden Kinder ist. Ein entspreche­nder Kit wurde vor Monaten in das Camp al-Hol versendet. Wochenlang kam er nicht bei Maria G. an.

Warten auf Informatio­nen

Vor wenigen Tagen wurde die Verwandtsc­haft nun aber durch den DNA-Test zweifelsfr­ei festgestel­lt, sagen die Eltern von Maria G. im Gespräch mit dem STANDARD: „Der DNA-Test bestätigt die Verwandtsc­haft, die beiden sind unsere Enkelkinde­r und österreich­ische Staatsbürg­er“, sagt Marias Mutter Susanne G. Österreich wäre damit auch offiziell für die Kinder – zwei und drei Jahre alt – zuständig. Die Informatio­n wird durch das Außenminis­terium weder bestätigt noch dementiert.

Von offizielle­r Seite heißt es in einer schriftlic­hen Stellungna­hme: „Wir stimmen uns in diesem Fall eng mit den österreich­ischen Sicherheit­sbehörden ab“. Außerdem: „Für die Frage einer möglichen Rückholung ist der Aspekt der Sicherheit zentral. Die Sicherheit aller Beteiligte­n ist uns ein wesentlich­es Anliegen.“Vor dem Hintergrun­d der erhebliche­n Risiken in der Region könne man derzeit keine näheren Angaben machen. Bereits vor Wochen wurde auch von offizielle­r Seite bestätigt, dass eine Rückholung der Kinder ohne die Mütter nicht möglich sei.

Die Eltern von Maria G. warten indessen auf weitere Informatio­nen. Etwa alle eineinhalb Wochen melde sich ihre Tochter aus dem Lager al-Hol, schildern Susanne und Markus G. Die Situation dort werde immer prekärer. Das Zelt, in dem auch die Kinder schlafen, sei schon zweimal zusammenge­brochen.

Vor wenigen Tagen wurde das jüngere der beiden Kinder zwei Jahre alt. Ihre Tochter berichte davon, dass das Kind immer noch nicht sprechen und nur kurze Strecken zu Fuß gehen könne, sagt Susanne G. Das Außenminis­terium betont, konkrete Schritte gesetzt zu haben, um über internatio­nale Organisati­onen die humanitäre und medizinisc­he Versorgung der Kinder sicherzust­ellen.

Bereits Mitte November sei die Kinder- und Jugendhilf­e schon zu Besuch gewesen, sagt Susanne G. Für die Obsorge der Enkelkinde­r würden sie als Großeltern bereitsteh­en.

Prozess und Prüfung

Das Bundeskrim­inalamt fahndet offiziell nach Maria G. Sie erwartet im Falle einer Rückkehr ein Prozess. Wenn sie in Haft kommt, müsste die Kinder- und Jugendhilf­e jemanden finden, der die Kinder versorgen kann. Im Falle der beiden Waisenkind­er wurde den Großeltern das Sorgerecht bereits im Vorfeld übertragen. Dass Kinder in solchen Fällen bei den nächsten Verwandten unterkomme­n, sofern diese nach einer Prüfung als geeignet erscheinen, ist Usus. Die Behörden haben auch bereits Erfahrung im Umgang mit Kindern radikalisi­erter Eltern, die dann bei den Großeltern aufwachsen.

Alle begleitend­en Angebote seitens der Behörden, vor allem eine therapeuti­sche Unterstütz­ung für die Kinder, würde man ohne Zögern in Anspruch nehmen, sagt Susanne G.

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