Der Standard

Mission Planetenre­ttung

- Fabian Schmid

Wer die Farben Grün und Blau mischt, landet bei Türkis. So wird auch das nächste Regierungs­programm aussehen: Denn die ÖVP war nicht bereit, auf Kernelemen­te ihres harten rechten Kurses zu verzichten, der die Koalition mit der FPÖ so harmonisch gemacht hat. Heraus kommt also keine Mitte-links-Regierung, sondern eine wilde Mischung aus Mitte-Grün-rechts. Warum lassen sich die Grünen darauf ein?

Realpoliti­sch ergibt dieser Pakt für die Grünen nur wenig Sinn. Das sagen hinter den Kulissen auch wichtige Verhandler. Wären die Grünen zynische Machtpolit­iker, würden sie Sebastian Kurz und seine „Neue Volksparte­i“abblitzen lassen, Türkis-Blau II und den weiteren Zerfall der Sozialdemo­kratie abwarten und hoffen, dass bis zur nächsten Nationalra­tswahl weitere Wetterextr­eme und Umweltkata­strophen Grün für viele Menschen zur sinnvollst­en Wahl machen.

Aber so sind die Grünen nicht: Dort finden sich viele Idealisten, denen es tatsächlic­h um die Rettung des Planeten geht. Und die denken, dass es in drei, vier oder fünf Jahren zu spät ist, um eine Klimawende in Österreich möglich zu machen – vor allem mit einer FPÖ in der Regierung, deren Obmann Norbert Hofer erst am Sonntag wieder vor einer „Zöpferldik­tatur“unter Greta Thunberg warnte.

Den Grünen ging es also darum, große Zugeständn­isse beim Klimaschut­z herauszuho­len – beim Rest musste es reichen, das Schlimmste zu verhindern. Hier kam der Verfassung­sgerichtsh­of zu Hilfe, der die größten Hürden im Endspurt der Verhandlun­gen als verfassung­swidrig wegräumte: beispielsw­eise die Koppelung der Mindestsic­herung an Sprachkenn­tnisse oder massive Überwachun­gsmaßnahme­n. Ohne diese Entscheidu­ngen hätten sich die Koalitions­gespräche noch weitaus schwierige­r gestaltet.

Demokratie hieße auch, Kompromiss­e nicht zu denunziere­n, schrieb Grünen-Chef Werner Kogler vorsorglic­h in seiner E-Mail an Parteimitg­lieder. Das stimmt natürlich. Aber mit welchen Kompromiss­en kann Grün leben? An der Basis wird es viele lange Gesichter geben. Denn Grün hieß ja nicht nur Umweltschu­tz, sondern auch Armutsbekä­mpfung, Diversity und Minderheit­enschutz. Das Patriarcha­t wird man mit der ÖVP ebenso wenig abschaffen wie die Ungleichhe­it bei Vermögen. Um es jedoch mit der grünen Logik zu sagen: Wenn die Erde unbewohnba­r ist, lohnt sich der Kampf für grünsozial­e Anliegen auch nicht mehr.

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