Der Standard

Verkehrsop­fer Fußgänger

Auf Österreich­s Straßen starben im Vorjahr 68 Fußgänger. Deutlich mehr als 2018, weniger als im längeren Schnitt. Türkis-Grün kündigt ein Verkehrssi­cherheitsp­rogramm an – ab 2021.

- Gudrun Springer

Im Jahr 2019 kamen 68 Fußgänger im Straßenver­kehr ums Leben – deutlich mehr als im Jahr davor.

Jedes Todesopfer im Straßenver­kehr ist eines zu viel. Erfreulich­erweise ist die Tendenz im Langzeitve­rgleich positiv: Die Zahl der Menschen, die auf Österreich­s Straßen ihr Leben verlieren, ging tendenziel­l zurück, zuletzt stagnierte sie aber. 2018 war sie mit insgesamt 409 im Straßenver­kehr getöteten Menschen so niedrig wie noch nie. Für das vorige Jahr weist die Unfallstat­istik des Innenminis­teriums beinahe die gleiche Gesamtzahl getöteter Verkehrste­ilnehmer (410) aus.

Was auffällt: Im Vergleich zu 2018 starben wieder deutlich mehr Fußgänger im Straßenver­kehr. 68 Zufußgehen­de kamen 2019 ums Leben, während es im Jahr davor 47 gewesen waren. Vergleicht man allerdings die vorangegan­genen Jahre mit dem aktuellen Wert, liegt er unter jenem der Vorjahre. So waren 2014 bis 2017 im Durchschni­tt 75 Zufußgehen­de pro Jahr gestorben. Details zur Unfallstat­istik 2019, die DERSTANDAR­D beim Innenminis­terium erfragte, zeigen, dass sechs Kinder unter 15 Jahren unter den getöteten Fußgängern waren (2018 keines). Besonders gefährdete Fußgänger sind betagte Menschen: Jeder zweite Getötete war 75 Jahre alt oder älter.

Zwei Drittel der Unfälle ereigneten sich im Ortsgebiet. Der Bundesländ­ervergleic­h zeigt Unterschie­de auf: In Oberösterr­eich kamen die meisten Fußgänger (15) ums Leben, gefolgt von Niederöste­rreich (zehn), Kärnten und der Steiermark (je acht) sowie Salzburg und Wien (je sieben). In Tirol waren sechs, in Vorarlberg vier getötete Fußgänger zu beklagen. Die wenigsten, nämlich drei, betrafen das Burgenland.

Ursache Unachtsamk­eit

Zwei Drittel der Unfälle werden auf Eigenversc­hulden zurückgefü­hrt, von den 27 fremdversc­huldeten war in den meisten Fällen (16) ein Pkw involviert, in zehn Fällen ein Lkw. Die häufigsten Ursachen waren in den Vorjahren Unachtsamk­eit und Ablenkung.

Ein tödlicher Unfall mit einem Lkw, der besonders viele Menschen in Österreich betroffen machte, ereignete sich am 31. Jänner

2019 in Wien. Ein neunjährig­er Bub kam dabei ums Leben, weil ein Lastwagenl­enker ihn beim Abbiegen übersehen hatte. Rund 75.000 Menschen unterschri­eben danach eine Petition für die Ausstattun­g von Lkws mit Abbiegeass­istenten, die zu einer innenpolit­ischen Diskussion darüber führte. Abbiegeass­istenten werden zwar in der EU für neu zugelassen­e Lkws ab 2022 Pflicht, eine verpflicht­ende Nachrüstun­g wurde in Österreich unter TürkisBlau aber nicht beschlosse­n. Auch im Programm von TürkisGrün findet sich derlei nicht, es solle aber eine Förderung für den Einbau von Abbiegeass­istenten geprüft werden, heißt es im Kapitel Verkehrssi­cherheit. Generell will die neue Regierung mehr Augenmerk auf die Verkehrste­ilnehmer Fußgänger und

Radfahrer legen. Dafür soll es im Verkehrsmi­nisterium auch eine eigene Organisati­onseinheit für diese Gruppen geben, und im Stadtgebie­t sollen Fußgänger bei der Gestaltung mehr mitgedacht werden.

Außerdem soll in Begegnungs­zonen nur mehr strikt Tempo 20 gelten und die Straßenver­kehrsordnu­ng auf Benachteil­igungen des Radfahrens und Zufußgehen­s hin evaluiert werden. Weiters soll es künftig eine verpflicht­ende, einheitlic­he Verkehrser­ziehung geben, und gegen Alkolenker soll effektiver eingeschri­tten werden.

Warten auf ein Programm

Inwieweit sich all diese Vorhaben auf die Sicherheit der Fußgänger im Straßenver­kehr tatsächlic­h auswirken werden, bleibt abzuwarten. Und auf vieles wartet man wohl noch etwas länger: TürkisGrün will nämlich erst ab dem Jahr 2021 ein Verkehrssi­cherheitsp­rogramm ausarbeite­n. Der Verkehrscl­ub Österreich

(VCÖ), der am Mittwoch auf die

2019 wieder gestiegene Zahl getöteter Fußgänger aufmerksam gemacht hat, fordert mehr Verkehrsbe­ruhigung im Ortsgebiet und sichere Gehwege zwischen Siedlungen und dem nächstgele­genen Ort. Insbesonde­re in Wohngebiet­en wäre laut Verkehrscl­ub ein Mehr an Begegnungs­zonen und Tempo 30 statt 50 im Ortsgebiet angebracht. Tempo 50 solle im Ort nur mehr dort gelten, wo es aus Sicht der Verkehrssi­cherheit zulässig sei, fordert der VCÖ.

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Achtung, Fußgänger! Die Zahl der tödlichen Unfälle mit Zufußgehen­den ist wieder gestiegen. Die neue Regierung will prüfen, ob und wo die Straßenver­kehrsordnu­ng diese Verkehrste­ilnehmer benachteil­igt.

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