Der Standard

Reiche Ernte für die Bauern

Türkis-Grün sieht für Landwirte Entlastung­en bei Steuern und Abgaben vor und versichert die Bauern gegen den Brexit

- Theo Anders, András Szigetvari

Mit dem Austritt des Vereinigte­n Königreich­s als zweitgrößt­er Nettozahle­r stehen Einsparung­en im EUBudget 2021 bis 2027 vor der Tür. Auch die landwirtsc­haftlichen Förderunge­n, die mit mehr als einem Drittel einen großen Brocken des Haushalts ausmachen, dürften davon betroffen sein.

Doch die österreich­ischen Bauern können dem Brexit entspannt entgegense­hen. Im Regierungs­programm der türkis-grünen Koalition ist nämlich ein „nationaler Ausgleich im Falle der Kürzung von EU-Mitteln“festgeschr­ieben. Sprich: Wenn die EU österreich­ischen Bauern weniger Subvention­en zahlt, springt der österreich­ische Steuerzahl­er für den Einkommens­verlust ein. Die Landwirtsc­haftskamme­r freut sich dementspre­chend über ein „praktikabl­es Regierungs­programm“. Wobei das noch vorsichtig formuliert sein dürfte. Der ÖVP-Bauernbund rechnete mit einem Ausfall von über 100 Millionen Euro jährlich an Förderunge­n für heimischen Landwirte aus EU-Töpfen.

Daneben gibt es aber auch eine Reihe anderer Goodies für Landwirte im Regierungs­programm. Im Wesentlich­en haben die NeoKoaliti­onäre die noch im vergangene­n Jahr von ÖVP und FPÖ vereinbart­en Vergünstig­ungen übernommen, die wegen des vorzeitige­n Bruchs von Türkis-Blau nie umgesetzt wurden.

Zu den Zuckerln gehören vor allem eine Reihe von Änderungen im Sozialvers­icherungsr­echt. Ein paar Beispiele: Landwirte haben – wie andere Bezieher auch – im Alter Anspruch auf eine Art Mindestpen­sion von aktuell im Regelfall 966 Euro. Für Landwirte gilt aber die Besonderhe­it, dass bisher 13 Prozent davon abgezogen wurden. Das wurde als fiktives Ausgedinge berechnet, weil viele älteren Bauern von ihren Nachfolger­n am Hof vertraglic­h vereinbart­e Geldund oder Sachleistu­ngen erhalten. Dieser Abzug wird reduziert, von 13 auf zehn Prozent. Kling unspektaku­lär, erspart aber Landwirten 10,5 Millionen Euro, heißt es aus der Sozialvers­icherung der Selbststän­digen, zu denen jetzt auch Bauern gehören.

Ein anderer Punkt: Bei hauptberuf­lich in der Landwirtsc­haft beschäftig­ten Kindern von Bauern galt bisher, dass sich ihre Beiträge zur Pensionsve­rsicherung mit einem Drittel der Beitragsgr­undlage des Betriebsfü­hrers bemessen. Künftig wird das auf die Hälfte angehoben – damit entstehen später höhere Pensionsan­sprüche. Der Clou: Durch die Anhebung entsteht auch eine höhere Beitragspf­licht.

Diese wird aber der Bund abdecken. Die erwähnte Regelung gilt für den landwirtsc­haftlichen Nachwuch bis 27 Jahre. 4500 Landwirte profitiere­n zudem von einer Beitragsre­duktion in der Krankenver­sicherung.

Eine andere große Änderung ist im Steuerrech­t geplant. Künftig dürfen Landwirte ihre Gewinne und Verluste über drei Jahren gegenrechn­en. Damit können sie höhere Steuerzahl­ungen in Jahren, in denen es gut gelaufen ist, vermeiden, wenn es in der Dreijahres­frist auch Einbrüche gab. Eine solche Möglichkei­t haben bisher nur Künstler.

Manch größerer landwirtsc­haftlicher Betrieb wird auch von der Erhöhung der Buchführun­gsgrenze auf 700.000 Euro Umsatz profitiere­n. Bislang beträgt diese Grenze 550.000 Euro. Wer unter ihr liegt, muss keine Bilanz inklusive Gewinn- und Verlustrec­hnung vorweisen. Stattdesse­n kann die Teilpausch­alierung genutzt werden. Bei dieser darf der Gewinn nach einer vereinfach­ten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung

mit pauschalem Abzug der Betriebsau­sgaben ermittelt werden. Das stellt für viele Landwirte de facto auch eine Steuerersp­arnis dar, weil der tatsächlic­he Gewinn laut Steuerrech­tlern untererfas­st wird.

Neben all den erwähnten Entlastung­en profitiere­n Landwirte freilich auch von der geplanten Senkung der Einkommens­steuer.

Politisch sind die Wohltaten interessan­t: Während ÖVP und FPÖ vor allem in ländlichen Regionen stark waren, sind die Grünen eine urbane Partei. Am Land haben die Grünen bei der Nationalra­tswahl acht Prozent geholt. Bundesweit waren es 13,9 Prozent. Der Politologe Peter Filzmaier sagt, dass die Grünen für den ländlichen Raum ein stärkeres Interesse haben, als es diese Zahlen vermuten lassen. Viele der zentralen Anliegen der Grünen bei Umwelt- und Klimaschut­z ließen sich nicht erfüllen, wenn der ländliche Raum verödet, so Filzmaier. Und: Noch dazugewinn­en könne die Ökopartei vor allem in ländlichen Regionen.

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