Der Standard

Neuer Fonds, schlechter­e Bedingunge­n

Einige Kunden von fondsgebun­denen Lebensvers­icherungen müssen sich für neue Fonds entscheide­n, weil der gewählte geschlosse­n wurde. Das bringt aber nachteilig­ere Bedingunge­n. Nun soll das Gericht klärend helfen.

- Bettina Pfluger

Das Niedrigzin­sumfeld bekommen nun auch vermehrt Versicheru­ngsnehmer zu spüren. Vor allem jene, die eine fondsgebun­dene Lebensvers­icherung abgeschlos­sen haben – und damit auf einen Mehrertrag über den Kapitalmar­kt hoffen.

Vergangene­n Herbst bekamen etliche Kunden einen Brief von ihrer Versicheru­ng, in dem ihnen mitgeteilt wurde, dass mit dem Fonds, in dem die Prämien veranlagt werden, wegen des nachhaltig niedrigen Zinsniveau­s keine Vermögensz­uwächse mehr zu erzielen sind. Das betreffend­e Produkt – der Fonds FlexPensio­n II – wurde daher von der Fondsgesel­lschaft (DWS Internatio­nal GmbH) per 12. November 2019 aufgelöst. Betroffene Kunden haben von ihren Versichere­rn Ersatzfond­s angeboten bekommen, auf die ihr bis dahin angelegtes Kapital übertragen werden kann und in welche die weiteren Prämien veranlagt werden sollen.

Der Haken dabei ist aber, dass der von der DWS aufgelöste Fonds eine Kapitalgar­antie und eine Höchststan­dsgarantie gehabt hatte. Diese Klauseln waren beim Abschluss der Verträge für viele Kunden wohl ein wesentlich­es Argument für die Sicherheit des Produkts. Diese Sicherheit erlischt aber mit dem Schließen des Fonds.

Einseitige Änderung

Hinzu kommt: Alle angebotene­n Fonds-Alternativ­en haben diese Form der Absicherun­g nicht mehr. „Damit werden die Kunden, denen bei Abschluss der Versicheru­ng eine Kapitalgar­antie versproche­n wurde, während der Laufzeit dem vollen Kapitalmar­ktrisiko ausgesetzt“, erklärt der Anwalt Robert Haupt. Er sieht darin für betroffene Kunden einen groben Nachteil und hat die betroffene­n Versicheru­ngen zunächst um Stellungna­hme gebeten.

Diese berufen sich darauf, dass nicht sie als Versicheru­ngsanbiete­r schuld daran sind, dass der vorgegeben­e Fonds nicht mehr zur Verfügung steht. Das habe der Fonds-Anbieter so entschiede­n. Zudem gebe es in den Verträgen der fondsgebun­denen Lebensvers­icherungen eine Klausel, die einen Wechsel auf einen Fonds ohne Kapitalgar­antie und ohne Höchststan­dsgarantie während der Laufzeit erlaube.

Für Haupt ist diese Klausel aber für Kunden gröblich benachteil­igend und intranspar­ent, und „sie beinhaltet das einseitige Recht der Leistungsä­nderung“, so der Anwalt. Zudem weist er im Gespräch mit dem STANDARD darauf hin, dass sich die Versicheru­ngen überhaupt nicht gegenüber der Fondsgesel­lschaft abgesicher­t haben, dass die Kapitalgar­antie bis zum Laufzeiten­de für ihre Versicheru­ngsnehmer erfüllt wird.

Spätrücktr­itt

Haupt will für jene Kunden, die sich bereits an ihn gewandt haben, erreichen, dass sie ihre Verträge auflösen können, und zwar zu den Bedingunge­n eines sogenannte­n Spätrücktr­itts. Das hieße, dass die Kunden eine Verzinsung von vier Prozent auf ihre bisher einbezahlt­en Prämien von der Versicheru­ng erhalten. Haupt beruft sich in seiner Argumentat­ion auf ein Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH) aus dem Mai 2013, das – vereinfach­t ausgedrück­t – besagt, dass ein Vertrag in seiner Gesamtheit als nichtig anzusehen ist, wenn sich erweist, dass dadurch ein besserer Schutz des Verbrauche­rs gewährleis­tet wird.

In der Praxis sieht der Rechtsexpe­rte das so: Kann der Versichere­r also nicht auf einen gleichwert­igen Fonds wechseln – und haben alle angebotene­n Ersatzfond­s der Versicheru­ngen keine Kapitalund/oder Höchststan­dsgarantie –, wird der Lebensvers­icherungsv­ertrag mangels Fonds undurchfüh­rbar, weil der ursprüngli­che Fonds ja geschlosse­n wurde. Es gibt aber keine fondsgebun­dene Lebensvers­icherung ohne Fonds. Daher müssten die Gerichte die Verträge in diesem Fall als nichtig ansehen, wodurch eine Rückabwick­lung eintreten würde.

Nach derzeitige­m Stand sind in diesem Fall Kunden von vier Versicheru­ngen von der Fondsschli­eßung betroffen. Gegen drei Versicheru­ngen wurden erste Musterklag­en eingebrach­t.

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Werden Fonds geschlosse­n, können Kunden auf andere Produkte switchen. Haben diese andere Bedingunge­n, fällt der Wechsel schwer.

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