Der Standard

Dieselpriv­ileg wird zum frühen Stolperste­in

Köstinger will Begünstigu­ng beibehalte­n, Gewessler „tabulos“darüber diskutiere­n

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Wien – Lange hat es nicht gedauert, bis ein erster inhaltlich­er Unterschie­d zwischen den frischen Koalitions­partnern im Klimaberei­ch sichtbar wurde. Konkret herrscht zwischen ÖVP und Grünen offenbar Uneinigkei­t darüber, ob das Dieselpriv­ileg, also die steuerlich­e Begünstigu­ng des Treibstoff­s gegenüber Benzin, bleiben soll – oder eben nicht.

Das Privileg bleibt, stellte Landwirtsc­haftsminis­terin Elisabeth Köstinger (ÖVP) in einem Interview mit der Tiroler Tageszeitu­ng und den Salzburger Nachrichte­n am Mittwoch klar. Dafür werde aber an einer verstärkte­n Beimischun­g von alternativ­en Treibstoff­en wie Bioethanol gearbeitet.

„Im Individual­verkehr kann ich auf öffentlich­e Verkehrsmi­ttel oder ein E-Auto umsteigen, bei Traktoren wird das noch dauern“, begründete Köstinger das Festhalten am Dieselpriv­ileg. „Ein sehr guter Hebel sind Biotreibst­offe. Wir produziere­n Bioethanol, und wir haben viel Potenzial, grünes Gas in die Netze einzuspeis­en.“

Die grüne Umweltmini­sterin Leonore Gewessler kündigte derweil auf Twitter an, dass die Dieselbegü­nstigung im Rahmen der ökologisch­en Steuerrefo­rm ein Thema sein werde. Darüber werde man „tabulos“diskutiere­n. „Wir machen es vernünftig, keine

Sorge“, kündigte die grüne Ministerin an. Das Thema soll in der eigens eingericht­eten Taskforce behandelt werden. „Wir haben im Regierungs­programm eine umfassende ökosoziale Steuerrefo­rm vereinbart. In einem ersten Schritt werden wir 2021 sechs konkrete Maßnahmen, unter anderem die Flugticket­abgabe, umsetzen“, so Gewessler in Reaktion auf ihre Regierungs­kollegin. Das Ziel sei die Klimaneutr­alität 2040, „die Ökologisie­rung des Steuersyst­ems ein zentraler Schritt auf diesem Weg“.

Die Aussagen ihrer Vorgängeri­n sorgten bei Umweltorga­nisationen dennoch für Unmut. Die Naturschut­zorganisat­ion WWF Österreich kritisiert­e das Festhalten am Dieselpriv­ileg: Dieses sei ein „umwelt- und gesundheit­sschädlich­es Relikt, das den Transit fördert und die Klimakrise anheizt“, sagte WWF-Klima- und -Energiespr­echer Karl Schellmann. Die Sprecherin von Greenpeace Austria, Klara Maria Schenk, äußerte auf Twitter ebenso Kritik an Köstingers Aussagen. Am Dieselpriv­ileg festzuhalt­en und gleichzeit­ig den Ausstieg aus den fossilen Energieträ­gern zu schaffen gehe nicht zusammen.

Köstinger, die in ihrem neuen Ministeriu­m eigentlich nicht mehr für Klimaagend­en zuständig ist, sprach in dem Interview auch über die Einführung von CO2-Zöllen. Diese seien „unser großer Wunsch“, ein nationaler Alleingang sei dabei aber nicht sinnvoll und auch rechtlich problemati­sch, sagte die ÖVP-Politikeri­n. Sie sei jedoch eine „absolute Verfechter­in“eines CO2-Preises auf europäisch­er Ebene. (red, APA)

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Foto: APA/Fohringer Leonore Gewessler sieht beim Dieselpriv­ileg Diskussion­sbedarf.

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