Blümel kritisiert Nullzinspolitik
Österreichs Finanzminister hat die EZB-Politik als „Katastrophe für Sparer“kritisiert. Hätten die Staaten ihre Schuldengrenzen eingehalten, hätte die EZB mehr Spielraum. Österreich wolle hier mit gutem Beispiel vorangehen und seinen Schuldenberg abbauen,
Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) scharf kritisiert. „Das ist einfach eine Katastrophe für die Sparer, wenn das Geld immer weniger wert wird“, sagte er im Interview mit dem Privatsender Puls 4.
Als verantwortlich dafür sieht Blümel die Verschuldung der Eurostaaten. „Die Situation, die wir haben, ist keine erfreuliche, weder für die europäische Wirtschaft noch für die österreichischen Sparerinnen und Sparer“, so Blümel. Durch die ständig niedrigen Zinsen werde das Geld auf dem Sparbuch immer weniger wert.
40 Prozent des österreichischen Privatvermögens liege auf Sparbüchern. Angesprochen darauf, dass sich etwa Häuslbauer über die billigen Kredite freuten, meinte Blümel, das sei zwar die positive Seite, aber nicht jeder habe die Möglichkeit, ein Haus zu bauen.
Wenn sich die Länder an die 60 Prozent Maximalverschuldung laut den Maastricht-Kriterien halten würden, an die sich auch Österreich nicht gehalten habe, wie er einräumte, dann hätte man diese Probleme nicht. Dann könnte die EZB eine klassische Zinspolitik verfolgen.
Die Zinspolitik der vergangenen Jahre habe nichts gebracht, da die Konjunktur nicht richtig angesprungen sei. „Ich bin nicht zufrieden mit der aktuellen Zinspolitik“, so der Finanzminister. „Wir wollen hier in Österreich mit gutem Beispiel vorangehen und den Schuldenberg abtragen.“
Im Jahr 2018 hatte Österreich eine Schuldenquote von 74 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Der Staat profitiert sehr von den niedrigen Zinsen. Seit einiger Zeit sind diese zumindest für Anleihen mit Laufzeiten bis zu zehn Jahren sogar negativ.
Doch so rasch dürfte sich an der Situation der Niedrigzinspolitik nichts ändern. Christine Lagarde,
Chefin der EZB, hatte bei ihrer Amtsübernahme im vergangenen November signalisiert, dass sie vorerst am geldpolitischen Kurs ihres Vorgängers Mario Draghi festhalten wird.
Auch die neue EZB-Direktorin Isabel Schnabel hält höhere Zinsen in der Eurozone derzeit für nicht angebracht. „Wenn man es wirklich durchspielte, würden sich einige wundern, was höhere Zinsen für Folgen hätten“, sagte die deutsche Volkswirtin, die zum Jahresstart in das Führungsgremium der EZB eingezogen war, der Süddeutschen Zeitung. Teile
Die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank ist Neo-Finanzminister Gernot Blümel ein Dorn im Auge. der deutschen Öffentlichkeit würden erwarten, dass sie einen grundsätzlichen Kurswechsel in der Geldpolitik herbeiführe. „Das geht natürlich nicht.“In der Öffentlichkeit werde viel zu wenig wahrgenommen, was die EZB mit ihrer Geldpolitik für die einzelnen Staaten auch geleistet habe. Damit schlägt Schnabel in dieselbe Kerbe wir Lagarde, die die Maßnahmen der EZB künftig besser erklären und einordnen will.
Eine sorgfältige Diskussion über das Inflationsziel der EZB hält Schnabel hingegen für gerechtfertigt. „Man muss sich auch Gedanken machen, ob man das Ziel noch klarer formulieren will.“Sie wolle aber der Diskussion im Gremium nicht vorgreifen. Die EZB strebt knapp unter zwei Prozent Teuerung als Idealwert für die Wirtschaft an, verfehlt dieses Ziel aber schon seit längerem. Zuletzt hatte die EZB 2003 ihr Inflationsziel überarbeitet.
Die EZB hatte zuletzt im Herbst angesichts der schwachen Konjunktur im Euroraum ihre Geldpolitik erneut gelockert. Die Währungshüter halten den Leitzins seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Banken müssen zudem Strafzinsen zahlen, wenn sie bei der Notenbank Gelder parken. Der sogenannte Einlagensatz steht momentan bei minus 0,5 Prozent. (APA, Reuters)