Kurz-Nachrichten aus dem ORF
Bei Sebastian Kurz funktioniert der mediale Kanzlerbonus, auch wenn der Regierungsjob Pause macht. Der Vorsprung des ÖVP-Chefs auf die übrigen Parteivorsitzenden wurde in „ZiB“-Sekunden 2019 im ORF noch ein Stück größer.
Eine Million Menschen sehen täglich die Zeit im Bild im öffentlich-rechtlichen ORF. ATV und Servus TV erreichten 2019 mit ihren Hauptnachrichten rund ein Neuntel des ZiB-Publikums, Puls 4 ein Achtzehntel. Entsprechendes Gewicht haben die Hauptnachrichten des ORF in der politischen Alltagskommunikation, neben der Kronen Zeitung mit ihren zwei Millionen Leserinnen und Lesern pro Tag.
Regierungsmitglieder kommen in Nachrichtensendungen meist häufiger vor als jene der Opposition. Regierungsparteien haben gemeinhin Mehrheiten im Parlament, mit denen sie das Regelwerk der Republik gestalten.
Und Bundeskanzler haben, wenn auch rechtlich nicht Regierungschef, besonderes Gewicht in Nachrichtensendungen.
Sebastian Kurz braucht für dieses Gewicht nicht unbedingt die Funktion: Er war 2019 fünf Monate Bundeskanzler bis zum Ende der türkis-blauen Koalition mit Heinz-Christian Straches IbizaVideo. Auch in diesem IbizaMonat kamen ÖVP-Politiker länger zu Wort als solche der FPÖ, die sich zu ihrem Partei-GAU wohl auch eher ungern äußerten. Dann hielten sich Kurz und ÖVP erst einmal eher zurück in den TVNachrichten (es gab ohnehin eine Menge TV-Konfrontationen und -Interviews). Und im Herbst mit der Nationalratswahl und Sondierungen stieg die TV-Präsenz der ÖVP wieder.
Kurz liegt dennoch meilenweit voran in den Daten von APA-DeFacto über die TV-Präsenz von Politikern 2019 in den meistgesehenen Nachrichtensendungen des Landes.
In der Zeit im Bild wie der ZiB 2 mit ihren werktäglich 635.000 Zuschauern im Jahresschnitt 2019 kommt ÖVP-Chef und Halbjahreskanzler Kurz fast doppelt so lange zu Wort wie die zweitplatzierte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner.
In Sekunden bedeutet Kurz’ Vorsprung von mehr als gut 3200 einen neuen Höchstwert der vergleichbaren ZiB-Watch-Beobachtungen seit 2012.
FPÖ, SPÖ mit sich befasst
TV-Sekunden sind noch kein Wert für Parteien: Am längsten beschäftigten sich Politiker der SPÖ wie der FPÖ mit ihrer eigenen Partei. Hauptthemen der ÖVP 2019 laut ZiB-Watch-Analyse für den STANDARD: EU-Wahl vor Außenpolitik und Koalitionsbildung. Die steht bei den Grünen naturgemäß einsam vorn: 32 Prozent ihrer Redezeit in ZiB 1 und
ZiB 2 widmeten sie ihrer ersten Koalition mit der ÖVP.
Noch vor der Koalition von ÖVP und Grünen kamen Frauen 2019 in der Zeit im Bild um 19.30 Uhr auf den höchsten Anteil an O-Tönen seit zwei Jahrzehnten. Wobei hoch nicht passt zu einem Anteil von 25,6 Prozent gegenüber 74,4 Prozent für männliche Politiker.