Der Standard

Putin sorgt vor

- André Ballin

Mit seinen Verfassung­sänderunge­n stellt Wladimir Putin das politische System in Russland um: weg vom absoluten Präsidialr­egime hin zu einem stärkeren Parlamenta­rismus. Davon könnte der Kreml-Chef auch selbst profitiere­n. 2024 ist nämlich Schluss mit Putins Präsidents­chaft. Daran gibt es nach Wladimir Putins Rede zur Lage der Nation nichts mehr zu rütteln.

Doch Putin war schon immer geschickt darin, Schlupflöc­her in Formulieru­ngen auszunutze­n, ohne direkt sein Wort brechen zu müssen. So könnte er mit dem neuen Manöver weiter an der Macht bleiben, ohne dafür Präsident sein zu müssen: Ein Premiermin­ister, als der Putin schließlic­h unter dem Interimspr­äsidenten Dmitri Medwedew schon einmal gedient hat, wäre künftig deutlich weniger abhängig von den Launen des Präsidente­n. Voraussetz­ung: Er hat das Parlament hinter sich.

Und das ist für Putin ein Kinderspie­l. Die Kreml-Partei Einiges Russland wurde zu Beginn seiner Amtszeit eigens dafür gegründet, ihn persönlich zu unterstütz­en. Seither hat sich an der Partei nichts geändert. Sie ist ein reines Machtinstr­ument ohne Ideologie und Inhalte. Derzeit hält sie 75 Prozent der Sitze in der Duma. Holt sie auch im Herbst 2021 die Mehrheit, kann Putin sich zum Parteichef und nach 2024 zum Premiermin­ister küren lassen. Auch Stalin war schließlic­h nicht Präsident der Sowjetunio­n, sondern nur bescheiden­er Generalsek­retär der KPdSU.

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