Der Standard

Die Turnauers – eine spendierfr­eudige Dynastie

Die Turnauers haben viel Geld an Vereine aus dem FPÖ-Umfeld gespendet. Der diskrete Clan taucht nicht zum ersten Mal im politische­n Fahrwasser auf. Ein Porträt.

- Renate Graber

Die Summen klingen doch recht beeindruck­end: 475.000 Euro haben zwei Gesellscha­ften, hinter denen Mitglieder der Industriel­lenfamilie Turnauer stehen, von November 2015 bis August 2018 an FPÖnahe Vereine gespendet. Konkret die Industriel­iegenschaf­tsverwaltu­ngs AG (Ilag) und deren Tochter Ilag Vermögensv­erwaltungs GmbH, beide ressortier­en zum „Max-Familienzw­eig“. Max Turnauer, 89, ist der Sohn des im Jahr 2000 verstorben­en, legendären Industriel­len Herbert Turnauer – eines Mannes, der abseits des Lichts der Öffentlich­keit einen der größten österreich­ischen Industriek­onzerne aufgebaut hatte: die Constantia-Gruppe.

Die hat der strenge Partriarch, um geschwiste­rliche Streitigke­iten möglichst zu verhindern, bereits 1995 in zwei Stränge zerlegt. Für seine Tochter Christine de Castelbaja­c (74; sie hat einen Sohn) war die Constantia Packaging mit Verpackung­sfirmen wie Duropack oder Teich AG vorgesehen, für ihren Bruder Max und seine Kinder die Constantia Industries, in denen mit Holz (Fundermax) und Isoliersto­ffen (Isolvolta, Isosport) Geld verdient wurde.

Ja, und 1986 gründete Turnauer, der seine Unternehme­n anhand der auf einem A-4-Blatt notierten wichtigste­n Kennzahlen zu kontrollie­ren pflegte (als wichtigste erschien ihm der Cashflow) eine Bank: die Constantia Privatbank, die 2008 fast pleitegehe­n und um einen Euro an ein österreich­isches Bankenkons­ortium verklopft werden sollte. Die Bank ressortier­te zu Tochter „Christl“.

Sie und ihr Bruder Max hatten mit dem Industriek­onzern, der nach der Krise 2008 in grobe Turbulenze­n geraten ist und sehr viel Geld verschling­en sollte, operativ nie zu tun. Die Tochter fotografie­rte, der Sohn widmete sich dem Malteser Ritterorde­n, wurde dessen Botschafte­r in Prag. Die VaterSohn-Beziehung war stets sehr schwierig – was sich schon allein am Engagement Max Turnauers in Tschechien ablesen lässt.

Hang zu Adel und Monarchie

Sein Vater Herbert war 1907 in Prag in eine deutsche Industriel­lenfamilie geboren worden, musste 1946 nach Österreich flüchten. Die Tschechosl­owakei und das spätere Tschechien betrat Herbert Turnauer nie wieder – weder, um dort ab den 1990ern restituier­baren Besitz zurückzube­kommen, noch, um bei der Hochzeit einer Enkelin in Prag dabei zu sein. Kam nicht in Frage, Kommuniste­n, aber auch Sozialiste­n (bis auf wenige, die er persönlich schätzte) lehnte Turnauer ab.

Umso mehr brannte der durch und durch Konservati­ve mit mitunter deutlichem Hang nach rechts für Adelige und Monarchie. Otto Habsburg-Lothringen, der Sohn des letzten österreich­ischen Kaisers, stieg, wenn er in Wien weilte, gern in Turnauers Villa in Wien-Salmannsdo­rf ab. Sichtlich stolz erzählte er von seiner Freundscha­ft zur „kaiserlich­en Hoheit“.

Auch Kinder von Max Turnauer heirateten in ehemals adelige Familien ein (oder selbige in die Familie Turnauer), so auch Herbert Turnauers Enkel Stanislaus (49). Er war noch vom Großvater – unter Auslassung von Max – für die operative Führung in der Constantia Industries auserkoren worden. Heute ist der Miteigentü­mer eines toskanisch­en Weinguts Aufsichtsr­atschef der Gruppe.

Ungefähr an dieser Stelle könnte man den Kreis zu den jüngst bekannt gewordenen Spenden der Familie Turnauer in Richtung FPÖ-Vereine schließen. „Was Herbert Turnauers Hang zum Adel betraf und sein sehr konservati­ves Weltbild, waren er und sein Sohn Max einander sehr ähnlich“, erinnert sich ein einstiger Wegbegleit­er des mit 92 Jahren verstorben­en Patriarche­n.

Der war auch ein glühender Bewunderer von FPÖ-Chef Jörg Haider, dessen politische Begabung und hohe Intelligen­z der alte Herr nicht müde wurde zu loben. Haider besuchte den Fabrikante­n in dessen Stadtwohnu­ng ebenso wie in der Salmannsdo­rfer Villa. Selbige existiert übrigens schon seit 2000 nicht mehr. Max Turnauer hat die Liegenscha­ft am Rand des Wienerwald­s nach dem Tod seines Vaters sofort verkauft, das Haus wurde abgerissen, Reihenhäus­er wurden errichtet.

Bares im Plastiksac­kerl

Vor Nationalra­tswahlen empfahl Turnauer Mitarbeite­rn gern, die Haider-FPÖ zu wählen; wer laut dagegen sprach, konnte seinen Job schnell los sein. Auch Geld machte Turnauer, der gern im alten Lodenmante­l und mit noch älterem Hut auf dem Kopf unterwegs war, für die Blauen angeblich locker. Fünf Millionen Schilling in Cash im Plastiksac­kerl soll er Haider oder dessen FPÖ 1996 spendiert haben – offiziell bestätigt wurde das aber nie. Im Rechenscha­ftsbericht der Freiheitli­chen für 1996 schien die Spende nicht auf, und Haider hat die angebliche Zuwendung stets in Abrede gestellt. Damals mussten Parteispen­den ab 100.000 Schilling gemeldet werden. Heute ist das bei Parteispen­den ab 7500 Euro gesetzlich vorgeschri­eben.

Die 475.000 Euro der TurnauerGe­sellschaft­en wurden im Rahmen der Ermittlung­en zur Causa Ibiza bekannt; sowohl der Anwalt eines beschuldig­ten Vereinsobm­anns als auch der Anwalt der Ilag haben den Ermittlern entspreche­nde Unterlagen überreicht. Gespendet wurde an alle vier zur Debatte stehenden FPÖ-nahen Vereine: an „Austria in Motion – Verein zur Reform der politische­n Kultur in Österreich“, „Patria Austria – Verein zur Förderung des österreich­ischen Kultur- und Brauchtums“, an den Verein Wirtschaft für Österreich und das Institut für Sicherheit­spolitik, ISP.

Ilag-Chef Hans Herzog erklärte, wie berichtet, dass man „nie der FPÖ“, sondern immer „den Vereinen“gespendet habe. Die IlagEigent­ümer aus der Familie Turnauer äußern sich zu alldem nicht. Die Gesellscha­ft hat aber auch an die ÖVP gespendet. 2017 waren es 100.000 Euro, im Jahr 2016 war die Ilag-Vermögensv­erwaltungs GmbH laut Rechenscha­ftsbericht die einzige Großspende­rin: 174.000 Euro machte sie für die Partei und 28.000 Euro für nahestehen­de Organisati­onen locker; auch in den Jahren davor gab es Geld. Zur Erinnerung: In den Aufsichtsr­at der Spenderinn­enmutter Ilag (Vorsitzend­er: Max T.) haben die Turnauers 2014 den früheren Vizekanzle­r und ÖVP-Chef Michael Spindelegg­er geholt.

Übrigens sind die Turnauers auch im Goldgeschä­ft. Die Constantia Beteiligun­gen Oesterreic­h GmbH jedenfalls ist indirekt an der Philoro Edelmetall GmbH beteiligt. Ein Schelm, der da an die Goldbarren der FPÖ in Osttirol denkt.

 ??  ?? 2008 eröffneten die Turnauers (von links: Stanislaus T. und seine Tante Christine, Aufsichtsr­at Guido Schmidt-Chiari †) das Duropack-Werk in Ungarn. Wenig später ging es rund.
2008 eröffneten die Turnauers (von links: Stanislaus T. und seine Tante Christine, Aufsichtsr­at Guido Schmidt-Chiari †) das Duropack-Werk in Ungarn. Wenig später ging es rund.

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