Der Standard

Nur vier von 22 Asylunterk­ünften werden bewohnt

Bund zahlte im Vorjahr 5,3 Millionen Euro Miete

- Karin Riss

Wien – Die Betreuungs­einrichtun­gen für Asylwerber haben den Bund im vergangene­n Jahr rund 5,3 Millionen Euro gekostet. Das geht aus der Beantwortu­ng einer parlamenta­rischen Anfrage der FPÖ durch Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP) hervor. Doch nur vier der insgesamt 22 Objekte, die vom Bund betrieben werden, werden derzeit auch tatsächlic­h für die Unterbring­ung von Asylwerber­n genutzt. Vier weitere Gebäude dienen als Materialla­ger, hieß es am Freitag auf STANDARD-Anfrage im Innenminis­terium. Der Rest steht leer. Ein unbenutzte­s Flüchtling­sheim am Semmering schlägt beispielsw­eise mit 30.000 Euro Monatsmiet­e zu Buche – exklusive Betriebsko­sten.

Ein Großteil der Beschaffun­g von Unterkünft­en geht auf 2015 zurück, das Jahr der großen Flüchtling­sbewegunge­n in Europa. Unter der damaligen Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wurden auch Mietverträ­ge mit bis zu 15 Jahren Laufzeit abgeschlos­sen. Diese Vereinbaru­ngen müssten eingehalte­n werden, sagte eine Sprecherin von Nehammer. Offiziell werden die leer stehenden Gebäude als Reserve für mögliche Notfälle – etwa im Zusammenha­ng mit einer möglichen Coronaviru­s-Epidemie – geführt.

Die Freiheitli­chen fordern, dass der Rechnungsh­of untersuche­n soll, ob ein vermeidbar­er Schaden für die Republik entstanden ist. Die ÖVP lässt ausrichten, dass Herbert Kickl als Innenminis­ter immer Bescheid gewusst habe. (red)

Wenn die Partei des früheren blauen Innenminis­ters Herbert Kickl eine parlamenta­rische Anfrage an den türkisen Nach-Nachfolger Karl Nehammer stellt, mag darin ein über den Informatio­nsgehalt hinausreic­hendes Interesse stecken. Interessan­t sind die Antworten aus dem jetzt ÖVP-geführten Ressort allemal – auch wenn man im Ministeriu­m bemüht ist, das Ganze als Nebelgrana­te abzutun.

Im Fokus der Anfrage stehen die vom Bund angemietet­en Betreuungs­einrichtun­gen für Asylwerber. Die kommen dem Staat mit 5,3 Millionen allein im vergangene­n Jahr nämlich ganz schön teuer. Dabei werden laut Nehammer überhaupt nur noch vier von insgesamt 22 Quartieren für die Betreuung geflüchtet­er Menschen genutzt. Weitere vier Gebäude dienen als „Materialde­pot“. Der Rest steht leer und fällt unter „Vorsorgeka­pazität“. Zu der hat man sich in einer Vereinbaru­ng mit den Ländern verpflicht­et – in welchem Umfang, steht dort nicht.

Zur Erinnerung: Auf dem Höhepunkt der Flüchtling­skrise 2014/15 war die Regierung dringend auf der Suche nach zusätzlich­en Quartieren. Innenminis­terin war damals Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), von den einst abgeschlos­senen 37 Verträgen sind heute nur noch 22 aufrecht.

Lange Laufzeit

Wenn es nach Nehammer geht, könnte diese Zahl noch reduziert werden – leider sei das aber schwierig, „weil teilweise die Verträge so eine lange Laufzeit haben“, erklärt eine Sprecherin.

Weitere Erinnerung: Im Vorjahr wurde bekannt, dass ein Flüchtling­sheim am Semmering mit 45.000 Euro monatlich zu Buche schlägt – ohne dass darin jemand wohnt. Gekündigt werden kann erst 15 Jahre nach Vertragsab­schluss. In der Anfragebea­ntwortung nennt das Ministeriu­m jetzt 30.000 Euro Monatsmiet­e, exklusive 1333 Euro Betriebsko­sten.

Die Unterkunft am Semmering ist nicht der einzige Kostentrei­ber. Ein Auszug: Für das Materialde­pot in Klagenfurt fällt eine Monatsmiet­e in Höhe von 36.890 Euro an, plus 2000 Euro Betriebsko­sten. Im oberösterr­eichischen Frankenbur­g wird Material für 25.000 Euro pro Monat gelagert, exklusive 1500 Euro Betriebsko­sten. Für ein stillgeleg­tes Quartier in Korneuburg zahlt man Monat für Monat 31.735 Euro an eine „Privatpers­on“, dafür sind die Betriebsko­sten vergleichs­weise gering – 600 Euro. Besondere Konditione­n gewährt das Land Oberösterr­eich: Auch hier steht ein Gebäude leer, dafür verlangt man aber nur 10,29 Euro monatlich.

Im Innenminis­terium versteht man die Aufregung nicht. Immerhin könnten die freien Kapazitäte­n gerade jetzt in Zeiten des Coronaviru­s als temporäre Quarantäne­stationen genutzt werden.

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Unbewohnt, dafür teuer: Die Flüchtling­sunterkunf­t am Semmering ist nur eine von vielen.

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