Der Standard

Kritik an Kurz’ Justizkrit­ik

Bierlein und Fischer äußern Sorge angesichts Attacken

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Ex-Kanzlerin Bierlein und Altbundesp­räsident Fischer übten an der von Kanzler Kurz losgetrete­nen Justizdeba­tte Kritik.

Wien – Deutliche Kritik an der von Kanzler Kurz losgetrete­nen Justizdeba­tte üben Ex-Bundeskanz­lerin Brigitte Bierlein und Altbundesp­räsident Heinz Fischer. Bei einer Tagung europäisch­er Rechtsanwä­lte am Freitag in Wien warnten die beiden vor einem Schaden für die Justiz. Fischer kritisiert­e, dass Kurz die Kritik nicht im Parlament geäußert hat, wo sich die Betroffene­n verteidige­n können, „sondern in einem Hintergrun­dgespräch vor Journalist­en, das die beabsichti­gte Wirkung erzielt, ohne dass die Quelle sichtbar ist“. Bierlein sagte, die Justiz sei zwar auch nicht sakrosankt gegen Kritik, sie dürfe aber keinesfall­s als Ganzes infrage gestellt werden.

„Brandgefäh­rlich“

Noch schärfer äußerte sich der Präsident des Österreich­ischen Rechtsanwa­ltskammert­ages, Rupert Wolff. Die öffentlich­e Diskussion über die Justiz sei „brandgefäh­rlich“, weil sie das Vertrauen in den Rechtsstaa­t gefährde, betonte er in seiner Rede vor 200 Gästen aus 40 Ländern, darunter zahlreiche Rechtsanwa­ltskammerp­räsidenten und auch EU-Justizkomm­issar Didier Reynders.

„Der Rechtsstaa­t gerät in Gefahr, wenn öffentlich­e Kritik an der Justiz als politische Waffe eingesetzt wird“, betonte Wolff. Er räumte ein, dass es zahlreiche Unzulängli­chkeiten in der Justiz gebe und die Rechtsanwä­lte diesbezügl­ich die schärfsten Kritiker seien. Der Grund sei aber nicht „eine vermutete politische Schlagseit­e der Gerichte, sondern deren jahrelange systematis­che Mangelauss­tattung“. Es mangle an Geld, Personal, Technik, Infrastruk­tur, „ja es mangelt an allem“. Seit Jahren fordere man mehr Ressourcen, doch „seit Jahren bleibt dieser Ruf ungehört“. „Justizmini­sterin Alma Zadić hat daher unsere volle Unterstütz­ung im Kampf für mehr Ressourcen“, so Wolff.

Bierlein und Fischer kritisiert­en zudem die Regierungs­pläne für eine Sicherungs­haft. (red)

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