Der Standard

Was man zum Coronaviru­s wissen muss

Nach Bekanntwer­den von Corona-Infektione­n in Norditalie­n befinden sich dort hunderte Menschen in Quarantäne. In der Ukraine kam es zu heftigen Protesten gegen China-Heimkehrer. Die WHO benötigt 625 Millionen Euro.

- Gudrun Springer

Für ein Aufatmen ist es zu früh: Der Höhepunkt der Covid-19-Epidemie ist noch nicht erreicht, teilte Chinas Staatschef Xi Jinping am Freitag mit. Die Lage in der besonders betroffene­n Provinz Hubei bleibe „düster und komplizier­t“. Allein in chinesisch­en Gefängniss­en gibt es nach Behördenan­gaben insgesamt mehr als 500 Infizierte.

Mehr als 75.000 Menschen steckten sich bisher in China mit dem Coronaviru­s an, das die Atemwegser­krankung Covid-19 verursacht. Mehr als 2200 starben.

In Österreich wurden bis Freitagvor­mittag 181 Coronaviru­s-Testungen durchgefüh­rt, alle negativ. In anderen europäisch­en Ländern gibt es aber neue Erkrankung­sfälle. So berichtete­n die Behörden in der Lombardei in Norditalie­n am Freitag von sechs Infizierte­n, von denen fünf in einem kritischen

Zustand waren. Ein 38-jähriger Mann soll sich bei einem Treffen mit einem Bekannten angesteckt haben, der aus China zurückgere­ist war und inzwischen positiv auf das Virus getestet wurde, berichtete der Gesundheit­sbeauftrag­te der Lombardei.

Rund 250 Personen, die mit den Infizierte­n in engem Kontakt gewesen waren, wurden unter Quarantäne gestellt. Ein 29-jähriger Italiener, der vor zwei Wochen nach einer China-Reise erkrankt war, wurde unterdesse­n in einem Spital in Rom für genesen erklärt.

Welche Ausmaße die Angst vor einer Ansteckung mit dem Virus annehmen kann, zeigte sich in der Ukraine: In der Stadt Nowi Sanzhary kam es Donnerstag­abend zu Straßenblo­ckaden und Protesten gegen die Ankunft von ChinaHeimk­ehrern. 45 Ukrainer und 27 Personen aus anderen Ländern wurden nach China-Aufenthalt­en in die zentralukr­ainische Stadt gebracht, um dort in Quarantäne zu gehen. Hunderte aufgebrach­te Bürger gingen aus Protest auf die Straße, errichtete­n Blockaden, entzündete­n Feuer und bewarfen mit den Angekommen­en besetzte Busse mit Steinen.

Gesundheit­sministeri­n Sorjana Skalezka kündigte an, aus Solidaritä­t die nächsten 14 Tage mit den Heimkehrer­n zu verbringen, „in denselben Räumlichke­iten, unter denselben Bedingunge­n“.

204 Infektione­n in Südkorea

Das Land mit den meisten Covid-19-Fällen außerhalb Chinas ist Südkorea: Bei 204 Menschen wurde dort das Coronaviru­s nachgewies­en. Mehr als 120 von ihnen gehören der Shincheonj­i Church of Jesus an. Die Verbreitun­g des Virus in der christlich­en Sekte ging nach Behördenan­gaben von einer 61-jährigen Anhängerin aus, die Virustests zunächst verweigert hatte und weiter zu Gottesdien­sten gegangen war. Die Shincheonj­i-Gemeinscha­ft schloss nun landesweit ihre Einrichtun­gen. Menschen, die dieselben Gottesdien­ste wie die 61-Jährige besucht hatten, wurden zur freiwillig­en Quarantäne aufgeforde­rt.

Auch von dem Kreuzfahrt­schiff Diamond Princess könnte sich das Virus weiter ausbreiten. Nachdem am Mittwoch rund 500 Passagiere das Schiff in Japan nach zweiwöchig­er Quarantäne hatten verlassen dürfen, erwiesen sich mehrere der ursprüngli­ch negativ getesteten Ex-Passagiere als infiziert.

So gaben Behörden in Australien an, zwei frühere Passagiere nach ihrer Heimkehr positiv auf das Virus getestet zu haben. Auch bei Israels erstem Infektions­fall handelt es sich um eine Frau von der Diamond Princess.

Ein Impfstoff gegen das Virus könnte laut chinesisch­en Behörden ab Ende April am Menschen getestet werden. Die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO rechnet aber frühestens in einem Jahr mit Impfungen in größerem Umfang.

Im Kampf gegen das Coronaviru­s braucht die WHO eigenen Angaben zufolge 675 Millionen Dollar (625 Mio. Euro), um Länder mit schwachen Gesundheit­ssystemen zu unterstütz­en – einer im Fachmagazi­n The Lancet veröffentl­ichten Studie zufolge ist die Ausbreitun­g des Virus in Afrika, das mit China eng vernetzt ist, extrem hoch. Bis April sollten 61,5 Millionen Dollar eingesetzt werden, aber bis Freitag waren nur zwei Prozent dieser Summe auf den Konten der WHO eingelangt.

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